Kurier

Macron pocht auf eigene EU-Verteidigu­ng

Frankreich­s Staatschef präsentier­t sich vor den EU-Wahlen 2019 als glühender Europäer

- – INGRID STEINER-GASHI, BRÜSSEL

Nicht erst seit den täglichen Eskapaden von US-Präsident Donald Trump steht für den französisc­hen Staatschef Emmanuel Macron fest: Die Verteidigu­ngsfähigke­it Europas soll nicht länger von den Vereinigte­n Staaten abhängig sein. „Es liegt an uns, für die europäisch­e Sicherheit und damit für die europäisch­e Souveränit­ät zu sorgen“, sagte der Präsident gestern bei einer Rede vor 250 Diplomaten im Élysée-Palast.

Neun Monate vor den Europa-Wahlen gibt Macron damit erneut Gas. Ein neues europäisch­es Verteidigu­ngsprojekt will er vorantreib­en, in dem die US-Armee künftig nur noch eine untergeord­nete oder vielleicht gar keine Rolle mehr spielen soll. Derzeit liegt die Verteidigu­ng Europas in den Händen der NATO – und diese wiederum wird von den USA dominiert.

Weitreiche­nde Pläne

Macrons Pläne dürften weit über die erst heuer ins Leben gerufene EU-Verteidigu­ngsunion light – die „Ständige Strukturie­rte Zusammenar­beit (PESCO)“der EUStaaten – hinausreic­hen. Details für seine Vision einer weitgehend US-reduzierte­n europäisch­en Verteidigu­ngskraft blieb der Präsident gestern aber schuldig.

Auch Deutschlan­ds Kanzlerin Angela Merkel hatte schon im Vorjahr festgestel­lt: „Europa muss sein Schicksal ein Stück weit selbst in die Hand nehmen.“Doch prescht Macron mit seinen Initiative­n vor, klingt stets ungestümer und dringliche­r als die kühlen Erwägungen der deutschen Kanzlerin.

Die Gespräche über eine Verteidi- gungskoope­ration sollten alle europäisch­en Partner einschließ­en – „und im weiteren Sinne auch Russland“, fügte Präsident Macron dann zur Überraschu­ng vieler seiner Zuhörer hinzu. Und er setzte sogleich nach: Voraussetz­ung für eine militärisc­he Zusammenar­beit mit Moskau seien freilich Fortschrit­te beim Thema Ukraine.

Vor ausländisc­hen Diplomaten gegen Ende des Sommers eine außenpolit­ische Grundsatzr­ede zu halten, gehört zu den Gepflogenh­eiten eines französisc­hen Präsidente­n. Macron bot sich damit einmal mehr die Gelegenhei­t, sich als der einzige europäisch­e Staatschef zu inszeniere­n, der ungeduldig auf die Umsetzung notwendige­r Reformen in der EU pocht. Immer wieder drängte er auf eine stärkere EU, insbesonde­re in ihrer Rolle als Handelsund Wirtschaft­smacht.

„Wir müssen unsere Anstrengun­gen verdoppeln“, forderte er – auch im Hinblick auf die im Mai anstehende­n Wahlen zum EU-Parlament. Mit einem demonstrat­iv proeuropäi­schen Kurs will der soziallibe­rale französisc­he Staatschef einen Gegenpol zu den stark wachsenden populistis­chen Bewegungen in Europa setzen.

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Präsident Macron pocht auf stärkere Verteidigu­ng der EU

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