Der Neustart unter dem alten Teamchef
Deutschland. Jogi Löw analysiert am Mittwoch das WM-Desaster und stellt den neuen Kader vor
Auch in Deutschland wartet man mit Spannung auf den Teamkader von Joachim Löw. Es ist dies der erste nach der enttäuschenden WM in Russland. Löw wird sein Aufgebot für die ersten Spiele nach dem Vorrunden-Aus bei der WM benennen, also seine Mannschaft für den Auftakt in der Nations League gegen Weltmeister Frankreich am 6. September in München und die Testpartie gegen Peru drei Tage später in Sinsheim bekannt geben.
Schon Ende letzter Woche traf Löw zusammen mit Sportdirektor Oliver Bierhoff erst in Frankfurt Vertreter der Bundesliga und dann in einem Münchner Hotel das Präsidium des Deutschen Fußballbundes. Zumindest Leverkusens Rudi Völler und Gladbachs Max Eberl zeigten sich von der Analyse des Teamchefs angetan.
Ende des Schweigens
Der Auftritt am Mittwoch ist für Löw die nächste Herausforderung. Ließ er sich doch fast zwei Monate Zeit für eine öffentliche Stellungnahme. Dieser Auftritt wird eine Gratwanderung für den 58Jährigen. Es wird Selbstkritik von ihm erwartet, aber er muss auch selbstbewusst auftreten, vermitteln, dass er das Nationalteam wieder zu alter Stärke führen kann. Von Löw werden Lösungen erwartet, das Aufzeigen einer Perspektive für die kommenden Jah- re, ein Rettungsplan für den Weg aus der Krise.
Es geht um Mannschaftsgeist, teils überheblich wirkende Stars, Spielstil, aber auch um das Umfeld. Zuletzt berichtete Spiegel online unter dem unscheinbaren Titel „Als die deutsche Nationalelf in Grüppchen zerfiel“von Gruppenbildung. Auf der einen Seite die, laut Eigendefinition, „Kanaken“(Boateng, Özil, Gündogan, Rüdiger, Sane). Auf der anderen Seite stehen die Deutschen, die „Kartoffeln“(Müller, Hummels). Das sind Begriffe aus dem deutschen Alltag. „Kartoffeln“ist unter vielen Türken ein Spottname für Deutsche. „Kanake“ein deutsches Schimpfwort für Aus- länder. Es wird aber erwartet, dass es im Kader keinen Kahlschlag gibt. Der Stamm der Mannschaft bleibt: Kapitän Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Mats Hummels, Joshua Kimmich, Toni Kroos und Thomas Müller.
Neues Umfeld
Löw will vor allem einen Teil seines Umfelds neu aufstellen. Dem Vernehmen nach ist offen, ob Co-Trainer Thomas Schneider und Chefscout Urs Siegenthaler künftig noch für die Nationalelf arbeiten werden. Auf jeden Fall ist Umbruch angesagt. Mit dem Fußball, mit dem Deutschland 2014 Weltmeister wurde, ist kaum noch ein schwerer Gegner zu biegen. Frank- reich hat beim WM-Sieg gezeigt, wie es geht: defensiv kompakt stehen, ohne Anspruch auf einen Schönheitspreis, dafür aber mit Offensiv-Spielern, die den Unterschied ausmachen.
In München findet die Zeitenwende statt: Heute verabschieden die Bayern gegen Chicago Fire Bastian Schweinsteiger, Symbolfigur der gefeierten Weltmeister von 2014. Mittwochmittag erklärt Löw in einem Saal des Münchner Stadions den Scherbenhaufen vier Jahre danach.