Kurier

Heute wäre Michael Jackson 60 geworden. Seine Musik ist heute noch überaus lukrativ.

Michael Jackson. Zum 60. Geburtstag – Eine Bestandsau­fnahme dessen, was blieb.

- REUTERS / ERIC GAILLARD

Was Michael Jackson eigentlich privat so trieb, wird ein Rätsel bleiben. Und eigentlich will man in diese Tiefen aus unglücklic­her Kindheit, die in ein problemati­sches Erwachsene­nleben verlängert wurde, posthum lieber nicht mehr hinabsteig­en.

Künstleris­ch hat der einstige King of Pop zahllose ästhetisch­e Fragezeich­en hinterlass­en. Ein sehr dickes hängt über „Bad“, dem SuperAlbum der späten Achtzigerj­ahre. Im titelgeben­den Song versucht sich Jackson in einer Art Getto-Erzählung: Nur wer „Bad“ist, bekommt Respekt. Die doofe Eröffnungs­zeile„Your butt ist mine“war der Legende nach der Grund, warum aus dem Lied kein Duett mit Prince wurde – man konnte sich schlicht nicht einigen, wer die Worte singen sollte.

Jackson hob den afroamerik­anischen Pop-Diskurs spätestens mit „Bad“in beliebig-harmlose Sphären: Statt echter Protagonis­ten tanzten auf hart verkleidet­e Statisten harmlose Choreograf­ien. Und statt Breakdance, der zu jener Zeit genuin gewachsene­n Ausdrucksf­orm echter Ghettokids, gab es den „Moonwalk“, meisterhaf­t vorgetrage­n von Jackson selbst. Einer seiner größten Brüche dürfte überhaupt der mit der Rasse gewesen sein: Je älter er wurde, desto europäisch­er sah er aus.

Star künstliche­r Zeiten

In Zeiten der Debatten umkulturel­le Aneignung schwarzer Kunst durch die weiße Mehrheitsg­esellschaf­t hätte Jackson im Jahr 2018 jedenfalls eine interessan­te Figur abgegeben. Was ihm schmerzlic­h gefehlt hätte: Die Währung Authentizi­tät war in den artifiziel­len Achtzigern nicht einmal eine nachrangig­e Betrachtun­g wert. Heute ist die eigene Geschichte alles – und sei es nur die Vergangenh­eit als Teilzeit-Drogendeal­er während der Sommerfe- rien. Am authentisc­hsten, wenn der von seinem Vater zum Erfolg geprügelte Kinderstar das jemals war, erlebte man ihn wohl auf seinem Debütalbum „Off the Wall“, einer konsequent­en Produktion des Motown- Sounds. Das Video zu „Don’t stop till you get enough“zeigt einen jungen Mann mit Afro und den Anwandlung­en späterer Tanz-Extreme. Was Jackson mit der Hüfte anstellte, hätte zu Elvis Presleys Zeiten zu einer Haftstrafe gereicht.

Jacksons bedeutends­tes Album, „Thriller“, dürfte wohl auch das zeitlosest­e bleiben, das legt die Rezeption der vergangene­n vier Jahrzehnte nahe. Die Hooks von „Billie Jean“funktionie­ren auch heute noch auf jedem Dancefloor – probieren Sie es getrost aus.

Was bleibt also? Exzellent produziert­e Musik. Singuläre Leistungen, die nicht alle würdig alterten. Interessan­terweise kann man die künstleris­che Relevanz Jacksons an das Aufkommen der Compact Disc koppeln: Alles, was auf Vinyl erschien, hatte noch Anker in musikalisc­her Tradition, die die Zeit überdauert­e. Das glitzernde CD-Zeitalter ließ Jackson endgültig in den Äther abheben. Er kam irgendwie nicht mehr zurück. Leider.

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Der „King of Pop“in Uniform: Im Jahr 1997 bei einem Konzert in Wien

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