Soforthilfe für „U-Bahn-Opfer“
U2/U5. Stadt und Wirtschaftskammer fördern Betriebe, die unter Bau leiden, mit 3,8 Millionen
Raafat El-Sayed ist frustriert. Links eine Baustelle, rechts eine Baustelle – und mit der Errichtung des U2/U5-Linienkreuzes bekommt der Wirt des Café s’Auersperg in der Josefstadt auch noch direkt vor dem Lokal eine Baugrube. „Schutt, Staub, Lärm – meinen Schanigarten kann ich vergessen. Wer setzt sich da noch auf einen Kaffee nieder?!“, klagt er. Umsatzrückgang hin oder her, eines ist sicher: Seine Miete muss der Gastronom trotzdem weiter bezahlen.
So wie El-Sayed geht es auch rund 700 anderen Betreibernkleinerundmittlerer Unternehmen (KMU), deren Geschäfte bzw. Lokale in der dicht verbauten Innenstadt vomU-Bahn-Baubeeinträchtigt werden. Für sie haben Stadt und Wirtschaftskammer für die Zeit von 2019 bis 2021 ein Soforthilfepaket über 3,8 Millionen Euro geschnürt, berichtet Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ).
Unbürokratisch
Anrecht auf eine Förderung haben Unternehmer, die MitgliedbeiderWirtschaftskammer sind, weniger als 50 Beschäftigte haben und einen Jahresumsatz von weniger als zehn Millionen Euro erwirtschaften. Zudem muss sich ihr Geschäft bzw. Lokal in Erdgeschoßlage befinden und die Beeinträchtigung durch die Bauarbeiten muss zumindesteinhalbesJahrgegeben sein.
Sehrvielmehrmüssendie Betroffenen aber nicht vorweisen, erklärt Gerhard Hirczi, Geschäftsführer der Wiener Wirtschaftsagentur. Man orientiere sich „am Offensichtlichen“, also an der Baugrube oder dem Bauzaun vor der Tür. Anders als bei der alten U-Bahn-Förderung müssen künftig aber nichtersttatsächlichentstandene Umsatzrückgänge bewiesen werden. „Wir helfen rasch und unbürokratisch – deshalb werden unmittelbar nach der Genehmigung der Förderung 25 Prozent ausbezahlt und zu jedem weiteren Quartalerfolgendieweiteren Zahlungen“, sagt Hirczi.
Das Soforthilfepaket umfasst zwei Strategien: Zum einen werden die Betroffenen individuell finanziell unterstützt. Betriebe, die von der Bautätigkeit unmittelbar betroffen sind, erhalten einen Zuschuss für ihre laufende Miete und für die Betriebskosten – bis zu 7500 Euro pro Jahr. Und für innovativeIdeen, wiederUmsatzrückgang eingedämmt werden kann – etwa einen Popup-Store an einem anderen Standort – bekommen sie bis zu 7000 Euro jährlich. Insgesamt kann ein Unternehmer proJahralsomaximal14.500 Euro Förderungen lukrieren. Die Abwicklung der Anträge erfolgt über die Wirtschaftsagentur, dieeineeigeneBeratungsstelle eingerichtet hat.
ZumanderensindMarketingund PR-Maßnahmen geplant, um den Kunden zu signalisieren, dass die Betriebe trotz Bauarbeiten geöffnet sind. Dabei übernimmt die Wirtschaftskammer die Koordination und Umsetzung des Baustellen-Marketings vor Ort.
„Abfederung“
Stadt und Wirtschaftskammer stellen für die Maßnahmen ab 2019 bis zum Ende der Belastungen jährlich 900.000 Euro bereit. 600.000 kommen von der Gemeinde, 300.000 von der Kammer. Zusätzlich investiert Letztere 320.000 Euro in Beratungen und Standortinitiativen.
Um schon heuer die ersten Beeinträchtigungen zu mindern, stellt die Wirtschaftsagentur im laufenden Budgetjahr 70.000 Euro, die Wirtschaftskammer 35.000 Euro zur Verfügung. Insgesamt geht es somit bis 2021 um eine Summe von knapp 3,8 Millionen Euro.
Mit der finanziellen Unterstützung könne man zwarnichtallenvomU-BahnBau verursachten Unbill auffangen, sagt Wiens Wirtschaftskammer-Präsident WalterRuck, esseizumindest aber eine Abfederung. Der UBahn-Bauansichsei–„genau wie der Lobautunnel“– alternativenlos und zum Wohle der Allgemeinheit.