„Reisen bringen auch Schlafdefizite“
Asien-Visite. „Lernen von den Besten“– ein Digitalisierungsplan Hongkongs geht der Regierung aber zu weit
Blockchain statt Bildung. Microfund statt Mathematikkurs. Cyberportstatt Privatschule. In der Millionenmetropole Hongkong will sich die „Regierungsreisegruppe“(Kanzler Sebastian Kurz, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, Infrastrukturminister und Regierungskoordinator Norbert Hofer und BildungsministerHeinzFaßmann) mit der Wirtschaftsdelegation rund um Wirtschaftskammerpräsident HaraldMahrerEzzesinpunctoDigitalisierung und Innovation holen, ehe es nach vier Tagen Asien heute zurück nach Wien geht.
Fluch und Segen
„Mögest Du in interessanten Zeiten leben“, zitiert Kurz ein chinesisches Sprichwort – das manch’ einer auch als Fluch interpretiert – ehe er das Wort an den Chef des Cyberport übergibt. Was auf dem Firmengelände des „digitalen Hafens“im Süden der Halbinsel passiert, mutet als Fluch und Segen zugleich an. 250 Start-ups erwirtschaften hier innert eines Jahres eine Billion Hongkong Dollar (100 Millionen Euro) mit Apps und Ideen, die futuristisch klingen, aber real sind.
„Eine starke Wirtschaft soll Hongkong zu einer lebenswerten Stadt“, ein „digitaler Masterplan“die Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China zur „smart city“machen – so das Cyberport-Credo. Ab 2020, so der ambitionierte Hightech-Plan, sollendie7,5Millionen Hongkonger persönliche Daten inklusive Fingerabdruck bekannt geben, um eine elektronischeIdentität, eID, zuerhalten. Diese eID kann weit mehr, als wir es hierzulande von eCard, ELGA, der elektronischen Bürgerkarte oder der Handy-Signatur kennen.
Wer in Hongkong künftig mit der U-Bahn fahren will, der brauchtkeinphysischesTicket, sondern nur den Gesichtsscan zum Be- weis, dass er auch bezahlt hat. Wie es dabeiumdieDatensicherheit bestellt ist, will Infrastrukturminister Norbert Hofer nach diesen Ausführungen wissen. Eine Antwort umschifft der Boss des Cyberports partout. „Bei uns wird die Zahl der Autos erfasst, um den Verkehrsfluss beispielsweise auf Autobahnen zu steuern. In Hongkong werden zudem gleich die Nummerntafeln erfasst. Das wird es bei uns nicht geben“, sagt Hofer. Bald Realitätwerdenwirdindeseineigenes Büro der Wirtschaftskammer in Vietnam, erklärt WKO-Präsident Mahrer kurz vor der Abreise. Bis dato wird der Wachstumsmarkt („Der kaufkräftige Mittelstand wird sich dort in den kommenden Jahren verdoppeln“) durch die Außenhandelsstelle in Bangkok mitbetreut.
Manmüsseimmerwachseinauf Reisen, so Mahrer, und dürfe sich vor „Veränderungen nicht fürchten. Österreich ist gut gerüstet.“Ähnlich denkt auch Bildungsminister Faßmann, der die Asien-StippvisiteobdesPensumshumorvollresümiert: „Delegationsreisen bringen auch Schlafdefizite mit sich und offenbaren subjektives Zeitempfinden.“Während es für Minister und WKO-Präsidenten vorerst nach Wiengeht, reistKanzlerKurzbereits amMontagwiederab. FüreinenTag nach Kiew.