Abgang einer Unbequemen
Wien. Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou verlässt nach dem Ärger mit der Grünen Basis die Politik. Die Koalition mit der SPÖ bleibt vorerst, aber der Druck auf vorzeitige Neuwahlen in Wien steigt
Maria Vassilakou kämpfte mit den Tränen. Sie meinte, dass das Universum doch mitunter eigenartige Geschichten parat halte. Am 4. September 1988 stand sie mit einem Koffer in Wien am Bahnhof – fast auf den Tag genau 30 Jahre später kündigte die gebürtige Griechin nun ihren Abschied von der Politik an. Mit dem „Rechnungsabschluss“im kommenden Juni möchte sie ihren Hut nehmen. Es könnte etwas früher sein, denn im November wird bei den Wiener Grünen ein Nachfolger gewählt.
Als Grund für ihren Abgang gab Vassilakou an, dass sie für „Erneuerung stehe und nun bei sich selbst anfangen möchte“. Auch sei ihr (in sechs Monaten anstehender) 50. Geburtstag ein Anlass, um über das Leben zu sinnieren. Nun wolle sie ein neues Kapitel aufschlagen. Zwar nicht Teil ihrer Abschiedsrede, aber sicher ein Mitgrund für den Rückzug ist ihr teils schwieriges Verhältnis zur eigenen Parteibasis – ausgelöst durch ihr beharrliches Ja zum umstrittenen Heumarkt-Projekt und den Wortbruch nach der Wien-Wahl 2015, als sie entgegen ihrer Ankündigung trotz Verlusten im Amt blieb.
Zum Abschied zählte Vassilakou ihre Leistungen (vor allem die Fußgängerzone in der Mariahilfer Straße und die 365-Euro-Jahreskarte) auf. Das Wort „Heumarkt“nahm sie bezeichnenderweise nicht in den Mund. Sie betonte aber, dass sie bis zu ihrem Abschied weiterarbeiten möchte, etwa an der Citymaut, am Busbahnhof oder am Umbau der Argentinierstraße. „Wien ist die großartigste Stadt der Welt, danke für acht Jahre an der Spitze“, sagte die Grüne.
SPÖ will weitermachen
Allein, wie geht es nun mit Rot-Grün weiter? Stürzt Vassilakou die Stadtregierung in Chaos und letztlich Neuwahlen, wie ÖVP und FPÖ es erhoffen (siehe unten)?
Keineswegs, heißt es vom roten Koalitionspartner. „Nachdem die Entscheidung bei den Grünen über den zukünftigen Spitzenkandidaten gefallen ist, rechnen wir auch weiterhin mit einer konstruktiven Zusammenarbeit innerhalb der Regie- rung“, erklärte SPÖ-Managerin Barbara Novak . Ziel sei es, „bis zum Ende der Legislaturperiode 2020 gemeinsam zu arbeiten“. Und obwohl sich Parteikreisen zufolge nicht wenige Bundes-SPÖler eine baldige Wien-Wahl wünschen, um sich gegen TürkisBlau zu profilieren und Parteigräben zuzuschütten, wird in Bürgermeister Michael Ludwigs Umfeld kalmiert: Man habe längst mit einem Rückzug Vassilakous gerechnet – spätestens mit der Ansage ihres Intimus Pe- ter Kraus, sich für ihre Nachfolge zu bewerben, sei dies klar gewesen. Rasche Neuwahlen wolle man nicht. Bis November werde die SPÖ den Grünen nun Zeit geben, sich neu aufzustellen – „sie haben uns ja auch in Ruhe gelassen, als wir umgebaut haben“, so ein SPÖ-Insider.
Drohender Nachsatz gen Grün: Man werde es sicher nicht tolerieren, sollte sich Kraus oder der zweite Nachfolge-Kandidat, Klubobmann David Ellensohn, auf Kosten der SPÖ profilieren wollen.