Kurier

Rot-Grün in der Abenddämme­rung

- MICHAEL JÄGER

Die Koalition in Wien hat ihre besten Zeiten hinter sich. Vorzeitige Neuwahlen sind wahrschein­licher.

Mit Maria Vassilakou zieht sich die letzte Protagonis­tin eines rot-grünen Experiment­s von der PolitBühne zurück. Es ist bald acht Jahre her, dass der damalige Wiener Bürgermeis­ter Michael Häupl und die Grüne Spitzenfra­u die erste rot-grüne Koalition in einem Bundesland aus der Taufe gehoben hatten. Häupl ging es damals um mehr. Er wollte Rot-Grün in Wien als Gegenmodel­l zur Großen Koalition oder zu Schwarz-Blau auf Bundeseben­e positionie­ren. Der Plan scheiterte. Kein Realpoliti­ker würde heute so eine Koalitions­form noch ins Spiel bringen.

Aber auch in Wien ist Rot-Grün angezählt. Schon die Fortsetzun­g 2015 stand unter einem unglücklic­hen Stern. Maria Vassilakou­s Festlegung, bei einem WahlMinus zu gehen – um dann doch zu bleiben – war einer ihrer schwersten politische­n Fehler. Es war zugleich der Anfang von ihrem Ende. Zuletzt wirkte die Grüne Vizebürger­meisterin angeschlag­en und agierte beim umstritten­en Heumarkt gegen die eigene Wählerklie­ntel. Ihre Rückzugsan­kündigung kommt daher nicht mehr überrasche­nd.

Was heißt das jetzt für Wien? Die Grünen stehen nicht nur vor Personalen­tscheidung­en. Es geht auch um den rot-grünen Pakt in Wien und die ideologisc­he Positionie­rung. Nachdem der neue Wiener SPÖ-Bürgermeis­ter Michael Ludwig mit seinen Ansagen – wie „Wiener zuerst“– von der Links-Politik seines Vorgängers abrückt, könnten die Grünen neue Freiräume vorfinden.

Ob sich das rot-grüne Kapitel in Wien bereits dem Ende zuneigt, wird sich bald zeigen. In der Wiener SPÖ jedenfalls ist der laute Ruf nach einer Fortsetzun­g enden wollend. Und mit Vassilakou­s Abgang sind vorzeitige Neuwahlen 2019 wahrschein­licher geworden.

michael.jaeger@kurier.at

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