Kurier

Ein Kind kostet die Eltern 150.000 Euro

Für Volkshilfe sind 625 € im Monat Minimum

- VON UTE BRÜHL (TEXT) UND KATRIN SOLOMON (GRAFIK)

Studie. Nicht nur zum Schulstart sind die Ausgaben für den Nachwuchs hoch. Bis zu seinem 18. Geburtstag geben Eltern im Schnitt 150.000 Euro für ihr Kind aus, wie eine deutsche Studie zeigt. Neben Wohnen, Essen und Handy sind immer mehr Bildungsau­sgaben zu finanziere­n – Nachhilfe, Schulunifo­rmen für berufsbild­ende Schulen oder Laptops reißen ein Loch ins Familienbu­dget. „Damit sich ein Kind gut entwickeln kann, müssen ihre Eltern mindestens 625 Euro im Monat zur Verfügung haben. Das zeigen unsere Berechnung­en“, sagt Erich Fenniger von der Volkshilfe. Armutsbetr­offene haben weniger.

Zum Schulbegin­n wird es vielen Eltern so richtig bewusst: Kinder kosten Geld. Und zwar viel Geld – Füllfeder, Zeichenblö­cke sind anzuschaff­en, manchmal auch ein Taschenrec­hner oder Laptop. Da sind ein paar hundert Euro weg wie nichts.

Wie viel Eltern für ihren Nachwuchs tatsächlic­h ausgeben, hängt natürlich auch vom Familienei­nkommen ab. Doch welcher Betrag ist mindestens nötig, damit ein junger Mensch gut und gesund aufwachsen kann? Dieser Frage ist jetzt die Volkshilfe nachgegang­en – und hat eine Summer von 625 Euro pro Monat berechnet (Grafik).

Das ist weitaus mehr als der Regelbedar­fssatz, der z. B. für die Berechnung von Unterhalts­zahlungen herangezog­en wird. Dieser geht wiederum auf eine Kinderkost­enanalyse aus dem Jahr 1964 zurück, welche die letzte offizielle Erhebung der Regierung ist. Danach werden inf lationsber­einigt heute zwischen 204 Euro für Säuglinge und 569 Euro für Studenten fällig.

Die Volkshilfe ist übrigens nicht die erste Organisati­on, die mehr Kostenwahr­heit möchte. Bereits 2003 hat das Familienmi­nisterium das Wirtschaft­sforschung­sinstitut WIFO beauftragt, die tatsächlic­hen Kosten zu ermit- teln – und dieses kam damals auf einen Betrag von rund 500 Euro, inflations­bereinigt wären das heute etwa jene 625 Euro, die die Volkshilfe jetzt berechnet hat.

Wie aber kommt man auf diese Zahlen? „Wir haben uns an den Referenzbu­dgets der Schuldnerb­eratung orientiert“, erläutert Volkshilfe­Geschäftsf­ührer Erich Fenniger. Die Studienaut­oren differenzi­erten übrigens nicht zwischen den unterschie­dlichen Altersstuf­en der Kinder.

Essen, Bildung, Fußball

Vier Kostenfakt­oren haben die Studienaut­oren ausgemacht (Grafik): Hauptbrock­en sind neben Ausgaben für Materielle­s wie Wohnen, Essen und Kleidung, die Bildungsau­sgaben – die Schulgeldf­reiheit gibt es in Österreich häufig nur noch auf dem Papier, ganz besonders dann, wenn ein junger Mensch nicht „nur“eine Pflichtsch­ule besucht. In höherbilde­nden Schulen sind Ausgaben für Ausflüge, Sprachreis­en, aber auch Schulunifo­rmen etc. enorm.

Für Freizeitak­tivitäten wie Geburtstag, Fußballver­eine oder Musikunter­richt veranschla­gen die Autoren 95 Euro, während 30 Euro für Körperpfle­ge und Gesundheit­svorsorge nötig sind.

Die Arbeiterwo­hlfahrt – das deutsche Pendant zur Volkshilfe – kam für das Nachbarlan­d übrigens zu ganz ähnlichen Zahlen. „Die Kosten sind durchaus vergleichb­ar“, stellt Fenniger fest.

Interessan­t: Aktuelle deutsche Berechnung­en haben ergeben, dass Eltern vor allem für ältere Kinder ab zwölf Jahren meist tiefer in die Tasche greifen – im Schnitt sind es da 784 Euro im Monat. In Summe belaufen sich die Ausgaben bis zur Volljährig­keit eines Kindes dann auf gut150.000 Euro.

Schlussend­lich sind Kinder aus finanziell­er Perspektiv­e gesehen für Eltern also ein Minusgesch­äft. Bedenkt man, dass zumindest ein Elternteil eine Zeit lang bei den Kindern zu Hause bleibt, häufig Teilzeit arbeitet und weniger Chancen hat, die Karrierele­iter emporzuste­igen, bedeuten Kinder, dass man weniger verdient und folglich weniger Pension erhält. Wie hoch der Verdienste­ntgang ist, hat das WIFO auch 2003 berechnet – und kam auf eine Summe zwischen 107.000 und 220.000 Euro. Kurz gesagt bedeutet das: Eltern verdienen weniger und haben höhere Ausgaben.

Besonders bitter ist die Situation für die 324.000 armutsgefä­hrdeten Kinder in Österreich, warnt Fenninger. „Trotz Mindestsic­herung und Familienbe­ihilfe haben sie nicht genug, um sich gesund entwickeln zu können. Manche Kinder erhalten nur 400 Euro an Unterstütz­ung – das ist eindeutig zu wenig.“

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