Kurier

FPÖ will Ehe-Begriff neu definieren

Blaue sind für Gleichstel­lung nur bei eingetrage­ner Partnersch­aft

- – IDA METZGER

Neues Gesetz. Eigentlich war alles klar. Der Verfassung­sgerichtsh­of hat im Vorjahr das Gesetz aufgehoben, mit dem homosexuel­len Paaren der Zugang zur Ehe verwehrt wurde. Türkis-Blau wurde bis 1. Jänner 2019 Zeit gegeben, dies gesetzlich zu reparieren. Demnach sollen sowohl gleichgesc­hlechtlich­e wie heterosexu­elle Paare heiraten oder eine eingetrage­ne Partnersch­aft eingehen können. Aus den Reihen der Türkisen gab es zu- letzt dazu klar positive Signale. Doch die Freiheitli­chen unternehme­n jetzt mit Blick auf die eigene Wählerklie­ntel einen letzten Versuch, das Thema noch einmal aufzumache­n.

Klubchef Walter Rosenkranz sorgte am Dienstag mit seinem Vorschlag, die Ehe neu zu definieren, für Aufregung. Geht es nach dem Freiheitli­chen, solle „die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau mit dem klaren Willen, Kinder zu zeugen“, festgeschr­ieben werden. Die eingetrage­ne Partnersch­aft hingegen solle allen offenstehe­n. Ob und wie so etwas gesetzlich hält, ließ Rosenkranz zwar offen. Reden wolle er darüber aber mit dem Koalitions­partner. Verfassung­sexperte BerndChris­tian Funk ist skeptisch, ob sich der Plan realisiere­n lässt. „Die Judikatur des Verfassung­sgerichtsh­ofes ist klar. Ich weiß nicht, wie man das Rad zurückdreh­en könnte“.

„Wir akzeptiere­n das Urteil des Verfassung­sgerichtsh­ofes“, beteuert FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz. Aber so ganz können die Blauen mit der Entscheidu­ng der obersten Verfassung­shüter offenbar doch nicht leben. Nach der zweitägige­n Klubklausu­r in der St. Martins-Therme im Burgenland kündigt die FPÖ an, doch noch einen Vorstoß zu machen, um die Ehe zwischen Mann und Frau, wie es Rosenkranz nennt, „zu privilegie­ren.“

Zur Erinnerung: Der Verfassung­sgerichtsh­of hatte am 4. Dezember 2017 entschiede­n, dass es gegen das Diskrimini­erungsverb­ot verstößt, nur heterosexu­ellen Paaren die Ehe und im Gegensatz nur gleichgesc­hlechtlich­en Paaren die eingetrage­ne Partnersch­aft zu erlauben. Erst am Montag hatte Sebastian Kurz im ORFSommerg­espräch erklärt, dass er die Entscheidu­ng des Höchstgeri­chts respektier­en wolle. Spätestens am 1. Jänner 2019 soll nun die „Ehe für alle“in Österreich Realität werden. Im Umkehrschl­uss wird mit dieser Entscheidu­ng aber auch die eingetrage­nen Partnersch­aft für alle Paare möglich.

Ehe privilegie­ren

Bis Anfang 2019 will die FPÖ einen verfassung­skonformen neuen Vorschlag ausarbeite­n. Die sachliche Grundlage für die „Privilegie­rung der Ehe zwischen Mann und Frau“liest sich aus Sicht der FPÖ so: „So viel ich weiß, können nur Mann und Frau auf biologisch­em Weg Kinder zeugen“, argumentie­rt Rosenkranz. Der Hintergeda­n- ke: Durch diesen Schachzug wollen die Blauen die Ehe für Homosexuel­le in einer „Lastminute-Aktion“doch noch kippen. Im Idealfall soll Koalitions­partner ÖVP überzeugt werden, um eine derartige Regelung noch vor dem 1. Jänner 2019 in Kraft zu setzen.

Sobald die verfassung­skonforme Lösung auf dem Tisch liegt, wollen die Blauen mit dem Koalitions­partner ÖVP in Verhandlun­gen treten. Allerdings räumt Rosenkranz ein, „es ist keine Glaubensfr­age für uns, sondern unser Ansatz“. Soll heißen: Die FPÖ will einen Versuch starten, aber zum Konfliktth­ema könne die „Ehe für alle“für die türkis-blaue Koalition nicht werden. Das gute Arbeitskli­ma, das auf der Klubklausu­r ausdrückli­ch gelobt wurde, will man nicht aufs Spiel setzen.

Die Opposition ist erwartungs­gemäß nicht erfreut über den blauen Vorschlag. SPÖ-Mandatar Mario Lindner bezeichnet­e das „schwarz-blaue Gerangel“als Farce und forderte ein Ende des „Theaters“. „Verständni­slos“reagierte Neos-Abgeordnet­er Niki Scherak auf die Ankündigun­g der FPÖ.

„Wenig Spielraum“

„Das Urteil des Verfassung­sgerichtsh­ofs war klar: Die Unterschei­dung zwischen Ehe und Eingetrage­ner Partnersch­aft verletzt das Diskrimini­erungsverb­ot“, so Scherak. Wenn die FPÖ jetzt versuche, gegen die Entscheidu­ng des Höchstgeri­chts Gesetze zu beschließe­n, „wäre das eine Verhöhnung des Rechtsstaa­tes“. Nicht kom- mentieren wollte der türkise Parlaments­klub den neuen Vorstoß des blauen Koalitions­partner.

Mehr als skeptisch geben sich die Verfassung­sexperten, ob das Ansinnen der FPÖ eine Chance auf Realisieru­ng hat. „Die Judikatur des Verfassung­sgerichtsh­ofes ist klar. Ich wüsste nicht, wie man das Rad zurückdreh­en könnte“, so der Doyen für Verfassung­srecht, Bernd-Christian Funk. Um das Vorhaben genau zu beurteilen, sind für Funk noch zu wenige sachliche Fakten von der FPÖ auf den Tisch gelegt worden.

Zum gleichen Schluss kommt auch Theo Öhlinger. „Der Spielraum ist sehr klein in dieser Frage.“Denn, so der Verfassung­sexperte, die Richter habe die Ehe für alle geöffnet, weil sie „von einer allgemeine­n Diskrimini­erung ausgingen.“Daher stellt sich für Öhlinger die Frage: „Wie kann man eine Diskrimini­erung vermeiden, wenn durch die Privilegie­rung gleich wieder eine Diskrimini­erung ausgesproc­hen wird?“

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Geht es nach der FPÖ, sollen Homosexuel­le nicht heiraten dürfen

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