„Nationalismus ist ein heimtückisches Gift“
Juncker-Rede. Kommissionschef zur EU-Lage
Es war die letzte große Rede von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Europäischen Parlament in Straßburg – und seine Botschaften Mittwochvormittag waren unmissverständlich.
Österreichs Bundesregierung sprach er dabei direkt an: „Ich fordere die österreichische Ratspräsidentschaft auf, jetzt entscheidende Schritte einzuleiten, um zukunftsfähige Lösungen für eine ausgewogene Migrationsreform zu erarbeiten.“Erneut pochte Juncker auf mehr Solidarität in der Flüchtlingspolitik, nicht bei jedem ankommenden Rettungsschiff könne es eine Ad-hoc-Lösung geben.
Die EU-Grenzschutzagentur Frontex soll bis 2020 auf 10.000 Mann aufgestockt und zur europäischen Asylagentur ausgebaut werden. Asylanträge müssen rascher behandelt und Rückführungen beschleunigt werden. Die EUKommission solle dafür finanziell aufkommen, Summen nannte Juncker keine. Er forderte auch legale Einwanderungsmöglichkeiten, die EUStaaten sollten die Kommissionsvorschläge unterstützen.
Afrika-Fonds
Mit Afrika müsse die EU eine Partnerschaft eingehen, verlangte Juncker. Mithilfe eines Fonds in Höhe von 44 Milliarden Euro sollen Investitionen angestoßen werden, eine europäisch-afrikanische Allianz soll innerhalb von fünf Jahren bis zu zehn Millionen neuer Arbeitsplätze schaffen.
Als Vermächtnis ist Junckers Appell gegen Nationalismus und Populismus zu verstehen. „Bornierter Nationalismus ist eine perfide Lüge und ein heimtückisches Gift.“
Angesichts globaler Spannungen und des Erstarkens rechter Kräfte hat Juncker für mehr europäische Souveränität geworben. Um die EU zu stärken und Blockaden zu verhindern, müsse der Zwang zu einstimmigen Entscheidungen aufgehoben werden. Er nannte die Bereiche Außenpolitik und Steuern (dafür müssen mindestens 16 der 28 EUStaaten zustimmen, außerdem die zustimmenden Länder mindestens 65 % der EU-Bevölkerung repräsentieren). „Die Welt von heute braucht ein starkes und geeintes Europa“, die EU sei „Garant des Friedens“.
Um die Abhängigkeit von den USA zu reduzieren, will die Kommission die globale Bedeutung des Euro stärken. Ein Großteil der europäischen Energieimporte werde in Dollar abgewickelt. Das sei „völlig unsinnig“. Der Euro müsse stattdessen zum „Gesicht und Werkzeug“der neuen europäischen Souveränität werden. Am Ende bekannte Juncker: „Europa ist meine große Liebe – und sie wird es auch bleiben.“Die Rede wurde mit Standing Ovations honoriert.