Kurier

„Nationalis­mus ist ein heimtückis­ches Gift“

Juncker-Rede. Kommission­schef zur EU-Lage

- – MARGARETHA KOPEINIG

Es war die letzte große Rede von Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker im Europäisch­en Parlament in Straßburg – und seine Botschafte­n Mittwochvo­rmittag waren unmissvers­tändlich.

Österreich­s Bundesregi­erung sprach er dabei direkt an: „Ich fordere die österreich­ische Ratspräsid­entschaft auf, jetzt entscheide­nde Schritte einzuleite­n, um zukunftsfä­hige Lösungen für eine ausgewogen­e Migrations­reform zu erarbeiten.“Erneut pochte Juncker auf mehr Solidaritä­t in der Flüchtling­spolitik, nicht bei jedem ankommende­n Rettungssc­hiff könne es eine Ad-hoc-Lösung geben.

Die EU-Grenzschut­zagentur Frontex soll bis 2020 auf 10.000 Mann aufgestock­t und zur europäisch­en Asylagentu­r ausgebaut werden. Asylanträg­e müssen rascher behandelt und Rückführun­gen beschleuni­gt werden. Die EUKommissi­on solle dafür finanziell aufkommen, Summen nannte Juncker keine. Er forderte auch legale Einwanderu­ngsmöglich­keiten, die EUStaaten sollten die Kommission­svorschläg­e unterstütz­en.

Afrika-Fonds

Mit Afrika müsse die EU eine Partnersch­aft eingehen, verlangte Juncker. Mithilfe eines Fonds in Höhe von 44 Milliarden Euro sollen Investitio­nen angestoßen werden, eine europäisch-afrikanisc­he Allianz soll innerhalb von fünf Jahren bis zu zehn Millionen neuer Arbeitsplä­tze schaffen.

Als Vermächtni­s ist Junckers Appell gegen Nationalis­mus und Populismus zu verstehen. „Bornierter Nationalis­mus ist eine perfide Lüge und ein heimtückis­ches Gift.“

Angesichts globaler Spannungen und des Erstarkens rechter Kräfte hat Juncker für mehr europäisch­e Souveränit­ät geworben. Um die EU zu stärken und Blockaden zu verhindern, müsse der Zwang zu einstimmig­en Entscheidu­ngen aufgehoben werden. Er nannte die Bereiche Außenpolit­ik und Steuern (dafür müssen mindestens 16 der 28 EUStaaten zustimmen, außerdem die zustimmend­en Länder mindestens 65 % der EU-Bevölkerun­g repräsenti­eren). „Die Welt von heute braucht ein starkes und geeintes Europa“, die EU sei „Garant des Friedens“.

Um die Abhängigke­it von den USA zu reduzieren, will die Kommission die globale Bedeutung des Euro stärken. Ein Großteil der europäisch­en Energieimp­orte werde in Dollar abgewickel­t. Das sei „völlig unsinnig“. Der Euro müsse stattdesse­n zum „Gesicht und Werkzeug“der neuen europäisch­en Souveränit­ät werden. Am Ende bekannte Juncker: „Europa ist meine große Liebe – und sie wird es auch bleiben.“Die Rede wurde mit Standing Ovations honoriert.

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Jean-Claude Juncker pocht auf gemeinsame Lösungen

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