Kurier

Kurz drängt auf EU-Grenzschüt­zer auch an Spaniens Südküste

Besuch in Madrid. Der Kanzler und sein sozialisti­scher Amtskolleg­e debattiert­en Fragen der Migration.

- AUS MADRID KONRAD KRAMAR

Eigentlich hat Pedro Sanchez an diesem Mittwoch ganz andere Sorgen. Seiner ohnehin auf wackeligen Beinen stehenden Minderheit­sregierung ist gerade die Gesundheit­sministeri­n abhandenge­kommen, wegen einer offensicht­lich wild zusammenko­pierten Masterarbe­it auf der Uni. Beim Treffen mit dem österreich­ischen Kanzler Sebastian Kurz in Madrid musste sich der sozialisti­sche Premier trotzdem dessen bevorzugte­m außenpolit­ischen Thema widmen: Der Debatte über den Umgang der EU mit Flüchtling­en und Zuwanderer­n.

Vor dem Abflug nach Madrid hatte der Kanzler gegenüber der konservati­ven spanischen Zeitung ABC erneut seine Grundhaltu­ng deutlich gemacht: „Es muss klar sein, dass die Grenzen Europas für illegale Einwanderu­ng geschlosse­n sind.“

Spanien im Fokus

Kurzfristi­g ist das Ziel des Bundeskanz­lers, der ja auch derzeit EU-Ratsvorsit­zender ist, die EU-Grenzschüt­zertruppe Frontex massiv zu verstärken. Gerade an Spaniens Mittelmeer­küste soll ein Gutteil der auf 10.000 Mann aufgestock­ten Truppe eingesetzt werden. Für den Sozialiste­n Sanchez auch eine politische Herausford­erung. Schließlic­h positionie­rt er sich in der Migrations­frage zumindest ideologisc­h anders. Er steht für eine liberalere Zuwanderun­gspolitik und demonstrie­rte das kürzlich, als er einem Schiff mit Afrikanern, dem Italien die Landung verweigert hatte, einen spanischen Hafen öffnete.

Spanien ist in diesem Sommer im Brennpunkt der illegalen Migration. Nachdem die Routen über das zentrale Mittelmeer nach Italien massiv kontrollie­rt werden, sind die Schlepper nach Spanien ausgewiche­n. Dort verzeichne­t man heuer an die 30.000 Migranten, deutlich mehr als im gesamten Vorjahr.

Entspreche­nd mehr Härte zeigte zuletzt auch die spani- sche Regierung. Nachdem etwa Hunderte Migranten in Ceuta, der spanischen Exklave in Afrika, den Grenzzaun von Marokko aus überwunden und die spanische Polizei attackiert hatten, wurden einige von ihnen verhaftet, andere sofort und ohne Asylverfah­ren nach Marokko zurückgesc­hoben. Spanien hat seit vielen Jahren Abkommen, nicht nur mit Marokko, sondern auch mit anderen nord- und westafrika­nischen Ländern, die den Rücktransp­ort von illegalen Einwandere­rn regeln. Derzeit allerdings werden diese Abkommen kaum angewandt.

Kurz-Konzept

Haben die Migranten einmal das Mittelmeer überquert und sind auf dem spanischen Festland angekommen, verschwind­en sie oft aus den Flüchtling­squartiere­n und tauchen unter. Ein Grund, warum sich Kurz für die Errichtung solcher Lager außerhalb des EU-Territoriu­ms starkmacht.

Für den EU-Sondergipf­el in Salzburg nächste Woche stehen einmal die leichter verwirklic­hbaren Pläne im Mittelpunk­t, vor allem also die Frontex-Verstärkun­g, auch im vorerst skeptische­n Spanien. Schließlic­h, so resümierte der Kanzler seine Gespräche in Madrid, „kann man Länder mit einer EUAußengre­nze nicht alleine lassen. Dafür ist Frontex die richtige Antwort.“

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Suche nach praktische­n Lösungen: Kurz bei Spaniens sozialisti­schem Premier Pedro Sanchez in Madrid

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