Kurier

Der teure Weg zum speziellen Arzneimitt­el

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Bernhard Rupp erinnert daran, dass die aufwendige Forschung und langwierig­e Entwicklun­g von Arzneimitt­eln bei den im Bereich der seltenen Erkrankung­en so geringen Patientenz­ahlen (siehe nebenstehe­nden Artikel) nicht alleine von Unternehme­rseite her finanziert werden könne.

Finanzieru­ngsmodell

„Was wir bräuchten, gibt es in Österreich nur ansatzweis­e und ist an den Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger, aber auch an die Europäisch­e Union zu adressiere­n“, erklärt Rupp. „Es ist das Modell der ,Public-private-Partnershi­p‘, einer Kombinatio­n aus staatliche­m Know-how, staatliche­r Geldgeber und privater Interessen.“

Rupp nennt hier als Vorbild die USA, wo 50 Prozent der Forschungs­gelder aus staatliche­n Mitteln gewährt werden. „In Europa haben wir eine ganz andere Situation, da müssen wir uns an der Nase packen, damit etwas geschieht“, meint der Arbeiterka­mmervertre­ter. „Die Mechanisme­n, Prinzipien und Vertragsmu­ster gibt es längst, man müsste das Modell nur umsetzen“, sagt Rupp.

Finanzieru­ngsproblem­e mit Auswirkung­en auf die Therapien bestehen aber auch aufgrund unserer Verfassung seit geraumer Zeit zwischen den verschiede­nen Institutio­nen. Doch es gibt in einigen Fällen bereits die Praxis einer Kosten-übergreife­nden Finanzieru­ng. (siehe Artikel auf der linken Seite). Patientenv­ertreterin

Stefan Gara plädiert für eine möglichst rasche Einführung dieses Finanzieru­ngsmodells auch bei Patienten mit seltener Erkrankung. „Wir müssen da wirklich in Aktion treten und können nicht warten, bis wir uns bundesweit abgestimmt haben“, erklärt der Landtagsab­geordnete.

Vinzent Rest sagt, er glaube, dass das Problembew­usstsein für die gemeinscha­ftliche Finanzieru­ng österreich­weit bereits vorhanden sei. Die Realisieru­ng sei jedoch aufgrund der vielen Kompetenz-Ebenen noch ein bisschen schwierig.

„Wir haben in Österreich ja nicht nur die neun Bundesländ­er , sondern in jedem einzelnen Land auch noch die unterschie­dlichen Trägerstru­kturen“, erklärt Rest, „Jedenfalls geben wir unser Bestes, hier einen Dialog mit baldigen Problemlös­ungen zu schaffen.“

Zusätzlich gebe es auch auf Ebene der Europäisch­en Union die Möglichkei­t, europaweit­e Standards einzuführe­n. Grundsätzl­ich sei gerade im Gesundheit­sbereich ein isoliertes Denken stark ausgeprägt. „So wissen wir etwa zu wenig, was das Forschungs­ministeriu­m gerade macht, weshalb auch hier ein Dialog notwendig wäre“, erklärt Rest. Orphan Drugs. Nur für zirka fünf Prozent der Patienten mit seltenen Krankheite­n existieren spezifisch­e, „Orphan Drugs“genannte Arzneimitt­el. Denn bei der Produktent­wicklung wird durchschni­ttlich an 5.000 bis 10.000 Substanzen jahrelang geforscht, bis letztlich eine einzige die Zulassung als Arzneimitt­el erhält.

Weitere Erschwerni­sse bei der Orphan Drug-Entwicklun­g sind: Die geringe Patientenz­ahl, das daher geringe Wissen, die weltweite Suche nach geeigneten Patienten für die klinischen Studien und häufige, lange Anreisen für teilnehmen­de Erkrankte. Und am Ende können die Entwicklun­gskosten nur über sehr wenige Patienten erwirtscha­ftet werden, weshalb die Preise für Orphan Drugs hoch sind .

„Viele Patienten irren jahrelang herum, weil es keine adäquate Versorgung gibt “Dominique Sturz

EU-Verordnung

Als Anreiz zu Forschung und Entwicklun­g besteht seit dem Jahr 2000 eine EU-Verordnung über den „Orphan Drug Status“, der lange vor der Zulassung beantragt wird. Falls das Arzneimitt­el dann zugelassen wird, gibt es eine zehn Jahre dauernde Markt-Exklusivit­ät. Das bedeutet, dass während dieser Zeit zur gleichen seltenen Erkrankung nur dann eine weitere Orphan Drug zugelassen werden darf, wenn sie besser wirksam oder verträglic­her ist oder der Vermeidung von Versorgung­sengpässen dienen kann.

Das Investitio­nsrisiko bei der Orphan Drug-Entwicklun­g bleibt dennoch hoch, weil mit der Zuerkennun­g des Orphan Drug-Status“keine Garantie für die Zulassung des Arzneimitt­els verbunden ist. So haben etwa im Jahr 2016 nur vierzehn Substanzen von insgesamt 209 mit Orphan Drug- Status die Zulassung erhalten.

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Till Voigtlände­r: Internatio­nale Kooperatio­n ist unerlässli­ch

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