Kurier

Beate MeinlReisi­nger, Neos

Beate Meinl-Reisinger. Die Strolz-Nachfolger­in über ihren Vorgänger, ihre früheren Jobs bei ÖVP-Politikern und über Koalitions­planspiele für Wien

- VON HELMUT BRANDSTÄTT­ER UND JOSEF VOTZI

Die Neos-Obfrau spricht im KURIER-Interview der ÖVP jede Liberalitä­t ab. In Wien will sie rote Bürgermeis­ter künftig verhindern.

KURIER: Wie oft haben Sie in den vergangene­n Wochen den Satz gehört: Schade, dass Matthias Strolz nicht mehr da ist? Beate Meinl-Reisinger: Ja, das habe ich schon gehört. Ich verstehe das auch. Man gewöhnt sich an Gesichter und er hat Neos aufgebaut.

Wie viel ÖVP steckt denn noch in Ihnen?

Ich habe für ÖVP-Politiker gearbeitet, aber ich habe das nie als meine Heimat gesehen. Ich war immer ein liberaler, weltoffene­r Mensch. Europa war mir immer sehr wichtig und das ist nach wie vor mein Herzensthe­ma.

Die neue ÖVP ist für Sie nicht mehr liberal?

War die ÖVP jemals liberal?

Neos sind der zweite Versuch einer liberalen Partei in Österreich. Woran ist das Liberale Forum letztendli­ch nach gutem Start wieder gescheiter­t ?

Manche sagen, dass sie innerlich zerstritte­n waren. Aber ich bin nicht das LiF, ich bin Neos. Und weiß, was mein Angebot ist: Ich will, dass wir Reformen in Österreich voranbring­en, aber ich will vor allem auch die Frage stellen: Was für ein neues Österreich wollen wir denn da? Wollen wir eines, wo rechte Recken das Sagen haben und ganz offen nationalis­tische Töne wieder am Vormarsch sind oder wollen wir eigentlich diese offene Gesellscha­ft und eine grundsätzl­iche weltoffene Haltung weiter bewahren? Und dafür trete ich ganz massiv ein.

Ihr Nachfolger als Wiener Parteichef, Christoph Wiederkehr, hat gesagt, man könnte auch mit der FPÖ einen unabhängig­en Bürgermeis­ter wählen.

Er hat auch gesagt, keine Koalition mit der FPÖ. Aber worum geht’s? Ihm wurde die Frage gestellt, ob er einen unabhängig­en Bürgermeis­ter unterstütz­en würde. Und er hat gesagt: Ja, das würde er, weil das würde Wien guttun. Und das kann ich nur unterstrei­chen. Weil ganz ehrlich, wir haben in Wien seit Jahrzehnte­n eine SPÖ an der Macht, die glaubt, diese Stadt gehört ihr. Und überall, wo wir in Wien den Deckel hochgehobe­n haben, haben wir Muster strukturel­ler Korruption gesehen. Die bedienen sich durchaus sehr satt an der Stadt. Was ich nicht verstanden habe, ist diese wahnsinnig­e Aufregung insbesonde­re der Grünen. Ich finde, es würde auch ihnen guttun, sich zu besinnen, wofür sie einmal angetreten sind und vielleicht auch gemeinsam mit uns auf die Suche nach einer unabhängig­en Persönlich­keit zu gehen, der man zutraut, Wien visionär weiterzuen­twickeln. Also eine Rot-Grün-Neos-Koalition wird es unter ihrer Führung nicht geben?

Habe ich das gesagt? Ich erlaube mir eine Vision. Es könnte ja trotzdem eine unabhängig­e Bürgermeis­terin kommen. Und das wäre nicht das schlechtes­te.

Matthias Strolz hat dramatisch gesagt, dass der Rechtsstaa­t unter Druck ist, wir eine Generation sind, die um die liberale Demokratie kämpfen muss – wie sehr ist diese wirklich bedroht?

Jetzt nehme ich nur einen kleinen Aspekt: nämlich die Tatsache, dass ein Gericht festgestel­lt hat, dass die Razzia beim BVT widerrecht­lich erfolgt ist. Und ja, man kann sagen, der Rechtsstaa­t funktionie­rt, weil das ein Gericht festgestel­lt hat. Aber ich finde, der Rechtsstaa­t ist schon unter Druck, wenn ein Innenminis­terium derart aus parteipoli­tischem Kalkül gegenüber der Justiz agitiert, wenn man mit der Brechstang­e umfärben will, so ganz nebenbei einen Nachrichte­ndienst komplett kaputt schießt und damit eigentlich für mehr Unsicherhe­it sorgt.

Sie sind erst seit einigen Wochen Parteichef­in und schon wechselt eine pinke NeosStadtr­ätin in Salzburg zur ÖVP. In ihrer Begründung hat sie eine harte Kritik an Ihnen verpackt: Ohne Matthias Strolz würden sich die Neos in die falsche Richtung entwickeln. Macht Sie das nachdenkli­ch?

Da wurde eine originelle Erklärung aus dem Hut gezaubert. Offenbar wurde seit Wochen hinter den Kulissen verhandelt, und es ist persönlich und charakterl­ich enttäusche­nd von ihr. Ich lege meine Rolle mit konstrukti­ver Härte an – und das entspricht der Neos-DNA.

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Meinl-Reisinger übernimmt den Neos-Vorsitz – die Überläufer­in von Neos zu ÖVP findet die 40-Jährige „charakterl­ich enttäusche­nd“

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