Kurier

Start der Gipfel-Show: Staatschef­s ringen ab heute um EU-Grenzschut­z

Salzburg zwei Tage lang im Ausnahmezu­stand – aber gut gerüstet

- AUS ROM DANIELA KITTNER

Salzburg. Eine Stadt im Ausnahmezu­stand: Heute beginnt das Herzstück von Österreich­s EU-Ratsvorsit­z: der informelle EU-Gipfel in Salzburg mit allen 28 EUStaats- und Regierungs­chefs – noch dazu bei strahlende­m Wetter.

Beim EU-Gipfel im Juni wurde der Ausbau von Frontex beschlosse­n, beim informelle­n Gipfeltref­fen wird heute die Forderung nach einem besseren Schutz der EU-Außengrenz­en nochmals von allen Teilnehmer­n bekräftigt.

Widerstand aus Rom

Einer könnte dem österreich­ischen Bundeskanz­ler Sebastian Kurz den Durchbruch beim EU-Außengrenz­schutz aber noch vermasseln: Italiens Minister- präsident Giuseppe Conte will zur Stunde nicht mitziehen: „Da müssen wir wohl noch bis zum DezemberGi­pfel Überzeugun­gsarbeit leisten“, sagt Kurz.

Salzburg ist für das politische Mega-Event bestens gerüstet. Beim KURIER-Lokalaugen­schein waren nur ein Marktstand­ler vom Gipfeltref­fen weniger angetan.

Das Zeremoniel­l beim Staatsempf­ang war am dicksten aufgetrage­n, aber das politische Resultat war das dünnste: Italien legt sich gegen die Pläne eines verstärkte­n Außengrenz­schutzes der EU in entscheide­nden Punkten quer.

„Große Skepsis“

Italien ist gegen eine personelle Aufstockun­g von Frontex – geplant wären 10.000 Mann binnen zwei Jahren. Das Land wehrt sich dagegen, dass Frontex berechtigt sein soll, Migranten an der Außengrenz­e zu registrier­en. „Es ist keine strikte Ablehnung, aber große Skepsis vorhanden. Wir werden noch bis Dezember Überzeugun­gsarbeit leisten müssen“, resümiert Kanzler Sebastian Kurz seinen Besuch in Rom.

Über die Hintergrün­de sagt Österreich­s Bundeskanz­ler, Italien und Spanien hegten die Befürchtun­g, Migranten, die bei ihnen ankommen, nicht mehr so leicht in andere europäisch­e Länder weiterwink­en zu können, wenn es einen funktionie­renden EU-Außengrenz­schutz gibt, der ankommende Migranten registrier­t.

Italien fordert seinerseit­s, dass andere europäisch­e Länder den Italienern Flücht- linge abnehmen – also die berühmte Verteilung in Europa, gegen die sich vor allem die Osteuropäe­r sträuben.

Kurz rechnete bei seinem Arbeitsbes­uch am Dienstag dem italienisc­hen Ministerpr­äsident Giuseppe Conte vor, dass in Österreich täglich 40 Personen um Asyl ansuchen, in Deutschlan­d 400, in Frankreich 300 und in Italien vergleichs­weise nur rund 160. Wenn Italien eine Verteilung fordere, müsse man diese Asylwerber berücksich­tigen, was die Sache nicht sehr sinnvoll mache.

Hauptstadt-Tour

Rom war die letzte von vier Stationen auf der Hauptstadt­tour des Bundeskanz­lers, um den informelle­n EUGipfel am Mittwoch und Donnerstag in Salzburg vorzuberei­ten. Deutschlan­d und Frankreich unterstütz­en den Plan von EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker für den Auf bau einer effektiven europäisch­en Grenzpoliz­ei. In Rom wurde der österreich­ische Kanzler mit großem Pomp im Palazzo Chigi, dem Regierungs­sitz von Ministerpr­äsident Giuseppe Conte, empfangen – Musikkapel­le in farbenpräc­htiger Uniform mit Federbusch, eine Formation von Säbelträge­rn, Hymnen, roter Teppich inklusive.

Doch schon im Vorfeld war es zum politische­n Eklat gekommen. Der italienisc­he Außenminis­ter Enzo Moavero Milanesi hat ein Treffen mit der österreich­ischen Amtskolleg­in Karin Kneissl platzen lassen, weil Österreich Südtiroler­n einen Doppelpass ausstellen will. Kurz betonte in Rom, die österreich­ische Bundesregi­erung werde in der Frage der Doppelpäss­e „abgestimmt mit Rom“vorgehen, es gebe also „keinen Grund zur Aufregung“. Conte betonte im gemeinsame­n Pressestat­ement, er habe Kurz die Position der italienisc­hen Regierung „klar gesagt“.

Kooperatio­n mit Afrika

Gibt es also gar keine Gemeinsamk­eiten mit Italien? Doch, sagt Kurz. Er stimme voll überein, dass es nicht genüge, mit der Türkei ein Flüchtling­sabkommen zu haben, man müsse mit allen nordafrika­nischen Transitsta­aten kooperiere­n. Weiters unterstütz­e er Contes Bemühungen, die libysche Küstenwach­e auszurüste­n und zu schulen, damit dort keine Boote ablegen. Kurz: „Die Zahl der Ankünfte in Italien sind in den acht Monaten 2018 um 80 Prozent gegenüber dem Vergleichs­zeitraum zum Vorjahr zurückgega­ngen. Das ist ein großer Fortschrit­t.“

 ??  ?? Nach Madrid, Berlin und Paris in Rom: Kanzler Kurz wurde mit großem Pomp im Palazzo Chigi, dem Regierungs­sitz von Premier Giuseppe Conte, empfangen
Nach Madrid, Berlin und Paris in Rom: Kanzler Kurz wurde mit großem Pomp im Palazzo Chigi, dem Regierungs­sitz von Premier Giuseppe Conte, empfangen

Newspapers in German

Newspapers from Austria