Kurier

RUSSLAND Charité spricht von Giftanschl­ag auf Aktivisten

Pussy-Riot-Mann auf Weg der Besserung

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Das Umdrehen von Polizeiaut­os war eine Spezialitä­t der Protest-Kunst-Gruppe Woina (Krieg) aus der später die Punk-Aktionsgru­ppe Pussy Riot hervorging. Oder das Malen riesiger Penisse auf die Fahrbahn von Klappbrück­en. Auch Gruppensex in Kunstgaler­ien gehörte dazu; ebenso Kuss-Attacken auf Polizisten in Moskau, lautstarke Gebete in Kirchen, oder die Flitzer-Aktion beim Finale der Fußball-WM im Sommer 2018 in Moskau.

Einen Aktivisten aus diesem Umfeld, Pjotr Werzilow, hat es jetzt schlimm erwischt. Derzeit wird er in der Berliner Klinik Charité behandelt. Am Dienstag sprachen die Ärzte von einer wahrschein­lichen Vergiftung. Eine andere Erklärung gebe es nicht. Eine Vergiftung durch Drogen oder eine chronische Krankheit seien auszuschli­eßen. Nachdem die Tat aber mehr als eine Woche zurücklieg­e, gebe es kaum Hoffnung, eine Substanz nachzuweis­en. Werzilow befinde sich in einem kritischen Zustand, sei aber außer Lebensgefa­hr.

Am 11. September war Werzilow in eine Moskauer Klinik eingeliefe­rt worden. Er hatte über Seh-, Sprech- und Bewegungss­törungen geklagt, nachdem er zuvor in einem Moskauer Gericht war. Dort hatte er einer Anhörung beigewohnt. Pussy-Riot- und Woina-Aktivisten sprechen von einer gezielten Vergiftung mit dem Ziel, Werzilow einzuschüc­htern oder auch zu töten.

Sensible Recherche

Werzilow ist eines der prominente­sten Mitglieder von Woina und Pussy Riot. Im Sommer 2018 war er als einer von vier Aktivisten beim Finale der Fußball-WM in Russland in einer Polizeiuni­form aufs Spielfeld gerannt und für diesen Protest gegen Polizeiwil­lkür zu 15 Tagen Arrest verurteilt worden. Zudem ist Werzilow einer der Gründer der Onlineplat­tform Mediazona, die Gerichtsve­rfahren gegen Andersdenk­ende in Russland dokumentie­rt. Zuletzt hatte er aber vor allem an einem Dokumentar­film über den Tod von drei russischen Journalist­en gearbeitet, die bei Recherchen zur mysteriöse­n russischen Söldnertru­ppe Wagner in der Zentralafr­ikanischen Republik ermordet worden waren.

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Pjotr Werzilow (li.) bei der Flitzer-Aktion bei der Fußball-WM

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