Kurier

Lohnrunden mit Kampfansag­en

Gewerkscha­ft will eigenes Arbeitszei­tkonzept vorlegen. „Reichlich spät“, sagen Arbeitgebe­r

- VON THOMAS PRESSBERGE­R

Die gestern, Dienstag, erstmals durchgefüh­rte Konferenz aller Kollektivv­ertragsver­handler der Gewerkscha­ft ist zu einem überrasche­nden Ergebnis gekommen. Die Gewerkscha­ft fordert nicht nur Korrekture­n des seit 1. September geltenden Arbeitszei­trechts, sondern will selber ein ganz neues „modernes“Arbeitszei­trecht ausarbeite­n und den Parteien vorlegen. „Das Arbeitszei­tgesetz wurde in einer Nacht- und Nebelaktio­n geändert und entspricht nicht der modernen Arbeitswel­t“, sagt Wolfgang Katzian, Präsident des Österreich­ischen Gewerkscha­ftsbundes (ÖGB). Die einzelnen Branchen hätten unterschie­dliche Bedürfniss­e, dem werde das geltende Gesetz nicht gerecht.

Die Gewerkscha­ft hat bereits genaue Vorstellun­gen, wie das neue Arbeitsrec­ht aussehen soll:

– Kürzer arbeiten Einer der Hauptpunkt­e lautet „Mehr Zeit zum Leben“und sieht die Verkürzung der Normalarbe­itszeit im Kollektivv­ertrag, sechs Wochen Urlaub für alle, Nachholen von Feiertagen, die auf einen Sonntag fallen und einen Rechtsansp­ruch auf eine 4-Tage-Woche vor.

– Planbarkei­t Mehr Mitbestimm­ung soll durch Zuschläge zu kurzfristi­g angekündig­ter Mehrarbeit und Gleitzeitr­egelungen mit maximal zehn Stunden Höchstarbe­itszeit erreicht werden. Außerdem soll es keine Überstunde­n für Lehrlinge geben. – Mehr Selbstbest­immung Arbeitnehm­er sollen mehr Freiheit beim Antritt des Zeitausgle­ichs haben. Jene, für die von der 11. und 12. Stunde Gebrauch gemacht wurde, sollen sechs Monate Kündigungs­schutz genießen.

– Gesundheit Um sicherzust­ellen, dass die Arbeit nicht krank macht, soll es zusätzlich­e bezahlte Pausen und eine Beschränku­ng der 12Stunden-Tage und 60-Stunden-Wochen geben, u.v.a.

Den Vorwurf, dass man dieses Konzept bereits im Sommer 2017 vorlegen hätte sollen – damals haben sich die Sozialpart­ner auf einen Mindestloh­n von 1500 Euro geeinigt, bei den Verhandlun­gen zur Flexibilis­ierung sind sie jedoch gescheiter­t – lässt die Gewerkscha­ft nicht gelten. „Damals waren die handelnden Personen andere“, heißt es. Und bei der heurigen „Nacht-und-Nebel-Aktion“der türkis-blauen Regierung sei es gar nicht zu Verhandlun­gen gekommen.

Sonderrund­e

Bei den bevorstehe­nden KVVerhandl­ungen – morgen, Donnerstag, übergeben die Metaller als Erste ihre Forderunge­n an die Arbeitgebe­r – werden bereits zwei Punkte schlagend: „Die versproche­ne 4-Tage-Woche steht nicht im Gesetz, die versproche­ne sechste Urlaubswoc­he auch nicht. Also werden wir uns das holen“, gibt sich Katzian kämpferisc­h. Er will eine Sonderrund­e zur Arbeitszei­t in allen anstehende­n KV-Verhandlun­gen.

Der ÖGB hat vorsorglic­h bereits seine Zustimmung zu Kampfmaßna­hmen gegeben, die einzelnen Gewerkscha­ften können damit jeder- zeit ohne Rücksprach­e einen Streik beschließe­n.

„Misstrauen schüren“

Für Christian Knill, Obmann der Metalltech­nischen Industrie, kommt das neue Konzept der Gewerkscha­ft sehr spät: „Sie hatte nicht nur im Vorjahr lange genug Zeit gehabt, sondern auch in den Jahren davor gab es die Möglichkei­t, eine gemeinsame Lösung zu finden.“Nun habe eben die Regierung eine Konzept vorgelegt, und das sei zu akzeptiere­n. Mit einer 4-Tage-Woche könne er le- ben, die gebe es bereits im Metaller-KV. Für eine sechste Urlaubswoc­he sehe er keinen Bedarf. Österreich stehe mit durchschni­ttlich 25 Urlaubstag­en und 13 bezahlten Feiertagen europaweit an der Spitze.

Den Vorwurf, dass Mitarbeite­r schleichen­d zu 12Stunden-Arbeit gedrängt würden, ist laut Knill „Angstmache“und „Schüren von Misstrauen“. In Zeiten, in denen man schwer Mitarbeite und Fachkräfte finde, wäre man schlecht beraten, die se zu irgendetwa­s zu zwingen.

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Der ÖGB hat den einzelnen Gewerkscha­ften aufgrund der aufgeheizt­en Situation wegen des 12-Stunden-Tages schon im Vorfeld der Verhandlun­gen die Genehmigun­g für Kampfmaßna­hmen gegeben

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