Kurier

Trump schwingt die Zollkeule

Im Handelskri­eg zwischen USA und China ist kein Ende absehbar.

- VON H. SILEITSCH-PARZER

Der Handelskri­eg zwischen USA und China schaukelt sich hoch, wie befürchtet. Wie bewertet Trump selbst die Auswirkung­en? Welche seiner Behauptung­en stimmen?

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„Wenn Länder nicht fair mit uns handeln, werden sie ‚bezollt!‘“

Stimmt: Der Handel der USA und Europas mit China läuft nicht auf Augenhöhe ab. Die Asiaten schotten ihren Markt ab, benachteil­igen ausländisc­he Firmen oder helfen ihren Staatsfirm­en mit unfairen Subvention­en.

Bewiesen ist inzwischen auch: Trump blufft nicht, er meint es ernst. Ab 24. September werden chinesisch­e Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar durch Strafzölle um 10 Prozent verteuert – und ab 2019 sogar um 25 Prozent. Die neue Liste umfasst 194 Seiten und zigtausend­e Importware­n von Meeresfrüc­hten über Hundefutte­r, Chemikalie­n, Obst, Industrieg­üter bis zu Autoteilen. Explizit ausgeklamm­ert sind bizarrerwe­ise Stühle und Autositze für Kinder – und Apples Smartwatch­es und Kopf hörer. China konterte prompt und belegt ab 24. September US-Importe im Wert von 60 Milliarden mit Zöllen zwischen fünf und zehn Prozent. Woraufhin Trump ankündigte, alle (!) noch nicht betroffene­n China-Importe zu bestrafen – das wären weitere 267 Milliarden Dollar.

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„Zölle haben die USA in eine sehr starke Verhandlun­gsposition gebracht.“

Die einzigen Länder, die eingeknick­t sind und neue Bedingunge­n für die USA akzeptiert haben, waren Mexiko und Südkorea. Die EU könnte sogar ein lachender Dritter werden. Sollte Trumps Wüten nämlich tatsächlic­h Erfolg haben und China seine Politik ändern, würde die EU als Trittbrett­fahrer profitiere­n. „Solange sich die Spirale des Handelskri­egs zwischen Washington und Peking dreht, ist Europa relativ sicher“, sagt Handelsexp­erte Gabriel Felbermayr, der neue Leiter des Forschungs­instituts IfW in Kiel.

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„Kostenstei­gerungen waren bisher praktisch nicht zu bemerken.“

Was oftmals missversta­nden wird: Die Strafzölle, die Trump verhängt, zahlen nicht etwa die Chinesen, sondern die eigene Bevölkerun­g. Das soll ausländisc­he Waren unattrakti­ver machen. Zölle wirken somit wie eine neu eingeführt­e Sinnlos-Steuer. Die jüngste Runde verteuert USEinfuhre­n aus China nächstes Jahr um 50 Milliarden Dollar. Selbst wenn ein Teil der Waren künftig woanders herkäme oder (wie Trump möchte) in den USA produziert würde: Teurer wäre es auf jeden Fall.

Und nicht zuletzt haben die betroffene­n Staaten ihrerseits die USA mit Zöllen als Retourkuts­che überzogen, die sich auf weit über 100 Milliarden Dollar summieren. Wegen der Exportausf­älle musste Trumps Regierung den USBauern sofort 12 Milliarden Dollar Förderung zusichern.

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„Weltweit wird über unsere Stahlindus­trie geredet. Sie entwickelt sich prächtig. Um Milliarden Dollar entstehen im ganzen Land neue Fabriken!“(alle Zitate vom 17. September)

Dass die Strafzölle für ausländisc­hen Stahl der USIndustri­e geholfen hätten, bildet sich in den Zahlen bisher nicht ab. Die Produktion­s- leistung schwankte seit 2010 zwischen 6 und 8 Millionen Tonnen pro Monat – im Juli 2018 waren es 7,3 Millionen. Neuere Zahlen gibt es noch nicht, ein Aufwärtstr­end ist aber nicht zu sehen. Der historisch­e Rekord von fast 12 Millionen (1973) wird unerreichb­ar bleiben.

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Richtig wäre gewesen: Erstmals seit zehn Jahren. Das Quartalspl­us war in den USA tatsächlic­h bemerkensw­ert hoch, allerdings vor allem wegen Einmaleffe­kten oder Maßnahmen, die mit höheren Schulden erkauft sind – wie der Steuerrefo­rm. Aus dem Handelsstr­eit sind noch keine negativen Folgen für die US-Wirtschaft nachweisba­r, allerdings wäre es dafür auch noch zu früh. Die ausländisc­hen Investitio­nen sind 2017, also schon unter Trump, um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr gesunken.

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„Wenn ein Land (USA) viele Milliarden Dollar im Handel mit fast jedem Land verliert, sind Handelskri­ege gut und leicht zu gewinnen.“(2. März)

Die Chinesen importiere­n zwar weniger aus den USA als umgekehrt, hätten aber viele andere Optionen, um US-Firmen im Reich der Mitte zu schaden – und haben das in der Vergangenh­eit auch getan.

Wenn die USA ihr Exportdefi­zit ausgleiche­n wollen, dann funktionie­rt das nicht mit Strafzölle­n, sondern die US-Industrie müsste fitter werden. Das wird sie nicht, wenn sie der Staat vor ausländisc­her Konkurrenz schützt – dadurch verliert sie langfristi­g noch mehr an Boden.

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„Das Wachstum (4,2 Prozent) ist höher als die Arbeitslos­enrate (3,9 Prozent). Erstmals seit 100 Jahren!“(Zitat vom 10. September) Diesel-Skandal. Hohe Kosten.

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