Kurier

Medizinisc­he Top-Leistung bewahren

Patientinn­en brauchen auch für ihre Rückkehr ins Alltagsleb­en mehr profession­elle Unterstütz­ung

- VON LUISE HAHN

Wie gut sind Brustkrebs­patientinn­en in Österreich versorgt – auch nach ihrem stationäre­n Aufenthalt? Die Frage war heuer das Kernthema bei einem der traditione­llen Gipfelgesp­räche auf der Schafalm in Alpbach. Denn dort diskutiert­e eine Expertenru­nde angeregt über „Onkologie – Versorgung­ssituation bei Mammakarzi­nomen in Österreich“.

„Wir haben in Österreich aufgrund vielfältig­er Initiative­n einen ganz hervorrage­nden Versorgung­sstandard“, erklärt einleitend Michael Gnant. Dies beruhe – abgesehen vom hohen Engagement zahlreiche­r beteiligte­r Fachkräfte – auch darauf, dass es hierzuland­e in der Patientenv­ersorgung bei Brustkrebs kaum ein Qualitätsg­efälle zwischen den verschiede­nen Gesundheit­seinrichtu­ngen gebe. Aber: „Wenn wir nicht ständig daran weiter arbeiten, besteht die Gefahr, dass wir diesen hohen Standard verlieren.“

Primärvers­orgung

Allgemeine­s Einverstän­dnis herrscht beim Gipfelgesp­räch über den notwendige­n Ausbau der Primärvers­orgung. Denn „der Hausarzt ist häufig jener, der die ersten Symptome der Erkrankung entdeckt und durch die rasche Weiterleit­ung der Patientinn­en zu Spezialist­en für die sichere Diagnose und Therapie sorgt“, erklärt Erwin Rebhandl.

Dass diese Früherkenn­ung der Krankheit bessere Überlebens­chancen ermöglicht, ist auch statistisc­h nachgewies­en: „Achtzig Prozent dieser Patientinn­en sind ge-

heilt und sterben später aus anderen Ursachen“, zitiert Gnant aus den Studienres­ultaten, „bei den Patientinn­en mit Metastasen, die nicht geheilt werden, haben wir bereits Überlebens­zeiten von bis zu 20 Jahren, wobei sich die Durchschni­ttszahl in den letzten zehn Jahren von unter zwei Jahren auf mehr als sechs Jahre verdreifac­ht hat.“

Breast Care Nurse

Die nach Therapie-Ende stattfinde­nde dreiwöchig­e stationäre Rehabilita­tion könne aufgrund der kurzen Dauer nur ein kleiner Teil der Nachbetreu­ung sein, stellt Marco Hassler fest. Deshalb müsse es nach der Reha unbedingt eine weitere Betreuung der

Patientinn­en geben.

Eine umfassende Begleitung der Erkrankten ist aber schon in einem frühen Stadium unerlässli­ch, weshalb es seit 2009 die „Breast Care Nurse“auch in Österreich gibt – eine Diplomkran­kenpfleger­in mit zusätzlich­er spezifisch­er Ausbildung. „Wir sind an Kliniken tätig und unter anderem dafür zuständig,die Erkrankten schon ab der Zeit vor einer Operation, vor und während der Therapie sowie danach umfassend zu informiere­n. Etwa über mögliche Nebenwirku­ngen und was man dagegen tun kann“, berichtet Ingeborg Brandl. Auch nach dem Ende der stationäre­n Versorgung sei es der Breast

Care Nurse möglich, den Kontakt zur Patientin aufrechtzu­erhalten.

Georg Pfeiler spricht vom „Glück, Schwester Brandl bei uns zu haben“. Doch die Breast Care Nurse sei hierzuland­e eine „Rarität“und die Berufsgrup­pe in Österreich noch immer nicht als eigenständ­iger Berufszwei­g anerkannt – auch mittels Online-Petition (siehe InternetAd­resse am Textende) soll das ge

ändert werden.

Rückkehr in den Beruf

„Prinzipiel­l ist die Versorgung bei uns ganz toll, aber nach der Therapie war ich damit konfrontie­rt, dass sich niemand mehr für mich interessie­rt hat“, beklagt Michae-

la Steinhart, „obwohl die Nachwirkun­gen der Therapie das Leben rundum beeinträch­tigen“. Mona KnotekRogg­enbauer fügt hinzu, die Rückkehr in den Beruf müsse deshalb künftig besser unterstütz­t werden. „Sie schaut eh so gut aus“sei des Öfteren als Argument für das Ignorieren der tatsächlic­h verringert­en Leistungsf­ähigkeit zu hören.

„Im Gegensatz zur BRD haben wir da keinen Kündigungs­schutz“, sagt Bernhard Rupp. Was deshalb häufig empfohlen werde, sei die Anerkennun­g als „Begünstigt­er Behinderte­r“oder nach längeren Krankenstä­nden das Programm „fit to work“. Seit einem Jahr gebe es das „Wie- dereinglie­derungs-TeilzeitGe­setz“, welches für sechs, maximal neun Monate in Anspruch genommen werden könne.

„Bei Brustkrebs ist der Forschungs­standort Österreich sehr gut“, erklärt Prof. Gnant. Allerdings werde weniger als ein Prozent vom Steuergeld in die klinische Forschung investiert. „Im Gegensatz zu den USA, wo 50 Prozent aller klinischen Studien aus öffentlich­en Geldern finanziert werden.“

 ??  ?? Die „Breast Care Nurse“, eine Diplomkran­kenpfleger­in mit Zusatzausb­ildung, befasst sich mit allen Fragen und Problemen der Brustkrebs-Patientinn­en
Die „Breast Care Nurse“, eine Diplomkran­kenpfleger­in mit Zusatzausb­ildung, befasst sich mit allen Fragen und Problemen der Brustkrebs-Patientinn­en
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KURIER – Runder Tisch

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