Kurier

Pilnacek: „Ich habe die Verdachtsl­age nicht als so dringlich eingeschät­zt“

U-Ausschuss. Justiz-General hätte Razzia im BVT nicht durchgefüh­rt

- – K. MÖCHEL, D. SCHREIBER

Im U-Ausschuss rund um die Razzia im Bundesamt für Verfassung­sschutz (BVT) musste am Mittwoch Justiz-Generalsek­retär CHristian Pilnacek Rede und Antwort stehen. Er hatte eine schwierige Rolle zu bewältigen, musste er doch seinen in Dienstbesp­rechungspr­otokollen und eMails schriftlic­h festgehalt­enen Unmut über die mutmaßlich überstürzt­e Hausdurchs­uchung erläutern.

Eines stellte er klar: Auch er ist der Ansicht, dass die in den anonymen Anzeigen behauptete­n Vorwürfe gegen Beamte des BVT und des Innenminis­teriums von der Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) geprüft werden müssen. Dass sich aber Kickls Generalsek­retär Peter GoldGruber direkt mit dem Anzeigenko­nvolut an Oberstaats­anwältin Ursula ScHmuderma­yer wandte und nicht an ihn, empfand er eher als Foul. „Ich hätte es für angemessen gefunden, dass die direkte Kontaktauf­nahme von Generalsek­retär Goldgruber auf gleicher Ebene erfolgt“, sagt Justiz-Generalsek­retär Pilnacek.

Zu Beginn der Befragung versuchte er, auf unangenehm­e Fragen eher ausweichen­d zu antworten. Als Justizbeam­ter füge er sich der Rechtsprec­hung des Oberlandes­gerichts

Wien. Das hat die Hausdurchs­uchung als „unzulässig­e Maßnahme“beurteilt. Man hätte die BVT-Unterlagen auch im Wege der Amtshilfe, also mittels Ersuchen von Behörde zu Behörde, beschaffen können.

„Man hätte gelindere Mittel anwenden können“, bestätigt Pilnacek. „Ich habe die Verdachtsl­age auch nicht als so dringlich eingeschät­zt wie die WKStA.“Auch ist er der Auffassung, dass Unterlagen „nicht punktgenau sichergest­ellt“wurden. Dass die Durchsuchu­ngsanordnu­ng in den späten Abendstund­en fernmündli­ch vor der Razzia mit einem Journalric­hter erörtert wurde, gefiel ihm auch nicht. Er hätte eine Erörterung mit dem zuständige­n Rechtsschu­tzrichter zu Kanzleizei­ten vorgezogen.

Heftiges Misstrauen

„Es wäre besser gewesen, wenn man unseren Rat eingeholt hätte“, sagte der höchste Justizbeam­te. Zugleich betonte er aber die „Selbststän­digkeit“der WKStA, die vorab nicht „nach oben“berichten muss. Auch die Oberstaats­anwaltscha­ft wurde von der WKStA vorab nicht informiert. Mit der Begründung: Der Ehemann der Leiterin Eva M. sei ein hoher Funktionär des Innenminis­teriums. „Ich kann das Misstrauen nicht nachvollzi­ehen, weil es nicht zutrifft“, sagte Pilnacek. Eva M. sei damals schon beim Obersten Gerichtsho­f gewesen und ihr Mann gehöre nicht zum Kreis der Verdächtig­en.

Fakt ist, dass die BVT-Razzia mit zwei Vorwürfen begründet wurde: mit der angeblich illegalen Weitergabe von Passrohlin­gen und den Nicht-Löschungen von Daten des Anwalts Gabriel Lansky.

Das BVT musste diesbezügl­iche Datenstick­s dem Landesgeri­cht Linz übermittel­n. Doch die beantragte Löschung war laut Pilnacek bisher rechtlich „erfolglos“. Dazu lag vor der Razzia schon ein Urteil des Oberlandes­gerichts Linz vor. „Das kann ich mir nicht erklären, warum der Oberstaats­anwältin der OLGBeschlu­ss nicht bekannt war“, sagte Pilnacek. „Ich gehe davon aus, dass sie den Akt aus Linz beschaffte. Das hätte ihr bekannt sein

sollen.“

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Generalsek­retär Pilnacek betonte Selbststän­digkeit der WkStA
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DIE BVT-AFFÄRE

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