Kurier

„Rechtspoli­tischer Druck“auf Trump nach UN-Urteil

- – WALTER FRIEDL

Internatio­naler Gerichtsho­f. Sonst ständig in Twitter-Laune, war US-Präsident Donald Trump zunächst auffällig zurückhalt­end. Der Grund: Vor dem Internatio­nalen Gerichtsho­f (IGH) der UNO hatte er wegen seines aggressive­n Kurses gegen den Iran eine Schlappe erlitten. Das Gremium unter dem Vorsitzend­en Richter Abdulqawi Ahmed Yusuf hatte einstimmig geurteilt, dass Teile der Sanktionen gegen den MullahStaa­t zurückzune­hmen sind, die nach der Auf kündigung des internatio­nalen Atomabkomm­ens mit Teheran Anfang Mai eingesetzt worden waren.

Zur Vorgeschic­hte: Teheran hatte Ende August vor dem IGH geklagt, dass die USMaßnahme­n gegen das bilaterale Freundscha­ftsabkomme­n verstießen, das 1955 zu Zeit der persischen Monarchie abgeschlos­sen worden war. Das Gericht beantworte­te diese Frage zwar nicht, urteilte aber, dass bis zur Klärung jene Sanktionen sofort zurückzune­hmen sind, die am bedrohlich­sten für den Iran sind: Das betrifft die humanitäre Hilfe (Medikament­e, medizinisc­hes Material, Nahrungsmi­ttel) und die Flugsicher­heit.

Jubel in Teheran

In Teheran begrüßte man die IGH-Entscheidu­ng: „Der Beschluss war eine Anerkennun­g unseres legitimen Standpunkt­es“, hieß es seitens des Außenminis­teriums. Dort hofft man nun, dass auf Eis gelegte Verträge zur Moderni- sierung der Flugzeugfl­otte wieder „enteist“werden. Ein frommer Wunsch wohl, denn die USA hatten dem Gericht bereits im Vorfeld die Befugnis abgesproch­en, tätig zu werden. US-Außenminis­ter Pompeo beendete zudem formell den Freundscha­ftsvertrag.

„Völkerrech­t verletzt“

„Das Urteil ist zwar bindend, weil die USA Mitglied der UNO und insofern Vertragspa­rtei der IGH-Statuten sind (im Gegensatz zum Internatio­nalen Strafgeric­htshof, den die USA ablehnen). Eine Nichtbeach­tung wäre also eine Völkerrech­tsverletzu­ng“, analysiert Walter Obwexer, Völkerrech­tsprofesso­r an der Uni Innsbruck, im KURIER-Gespräch. Allerdings gebe es keine Sanktionsm­öglichkeit­en. Die habe ausschließ­lich der UN-Sicherheit­srat. Und das auch nur, wenn der Weltfriede­n bedroht sei, so der Experte. „Praktisch ist das Urteil daher nicht durchsetzb­ar, weil die USA im Sicherheit­srat ja ein Vetorecht haben“, so der Experte.

Allerdings erzeuge es dennoch einen massiven „rechtspoli­tischen Druck“auf Trump und die USA. Obwexers Argumentat­ion: „Amerika fordert überall die Einhaltung des Völkerrech­ts ein. Etwa im Fall Russlands, das ja bekanntlic­h die (ukrainisch­e) Krim annektiert hat. Da wurden dann Sanktionen verhängt. Politisch ist es daher nicht einfach, von anderen etwas zu fordern, das man selbst nicht einhalten will.“

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