Kurier

„Wir gehen interessan­ten Zeiten entgegen“

Krise droht. Nationalis­ten gewannen die Wahlen – das macht es dem zersplitte­rten Staat schwerer

- – ARMIN ARBEITER

„Unsere Hauptstadt ist Belgrad“, pf legt der separatist­ische Politiker Milorad Dodik zu sagen. Er errang bei der Präsidente­nwahl in Bosnien den Sitz für die bosnischen Serben und steht klar für eine Abspaltung der serbisch dominierte­n Republika Srpska. „Wir gehen interessan­ten Zeiten entgegen“, sagt Valentin Inzko, Hoher Repräsenta­nt der UNO in Bosnien und Herzegowin­a, zum KURIER.

Dass Dodik sein Ziel erreicht, hält Inzko für nicht realistisc­h, „jedoch wiederholt er sich mit seiner Rhetorik Tag für Tag – stellen Sie sich vor, jemand würde in der Familie Tag für Tag sagen, dass diese nicht funktionie­rt und keine Zukunft hat – das würde das Klima vergiften“, sagt er.

Bosnien gilt seit Jahren als Krisenstaa­t – drei Volksgrupp­en verfolgen unterschie­dliche Ziele: Während die Bosniaken einen stärkeren Bundesstaa­t wollen, wünschen sich die Serben eine Abspaltung, die Kroaten pochen auf eine eigene Entität. Die Bosniaken machen ungefähr die Hälfte der Bevölkerun­g aus, ein Drittel sind Serben, 15 Prozent der Staatsbürg­er sind Kroaten.

Dodik will noch vor der ersten Zusammenku­nft des neuen Staatspräs­idiums nach Belgrad reisen und den serbischen Präsidente­n Aleksandar Vucic treffen. Doch dessen Position scheint klar: „Vucic hat klargemach­t, dass er für ein vereintes Bosnien und Herzegowin­a steht, und ist wenige Tage vor der Wahl nicht ins Land gereist“, sagt Inzko. Von den Nachbarn Bosniens sei generell eine pragmatisc­he Herangehen­sweise zu erwarten. Auch der kroatische Premier Andrej Plenkovic erklärte, dass er mit dem Sieg des Kroaten Zeljko Komsic nicht zufrieden sei. Diese Wahl sei kein gutes Zeichen für Kroatien und Bosnien-Herzegowin­a.

Als schwierige­r beurteilt Inzko die regionalpo­litische Situation: „Russland engagiert sich seit Jahren mehr in dieser Region, was man auch nicht zum Vorwurf machen darf. Die EU muss den Raum jedoch stärker füllen, ansonsten werden wegen mangelnder Rechtsstaa­tlichkeit Drogen- und Menschenha­ndel stärker, und das betrifft dann auch die EU direkt“.

Inzko macht dies an den Erinnerung­en an den letzten Krieg fest: „Viele Wunden sind noch nicht verheilt, viele Menschen orientiere­n sich deshalb an den traditione­llen Parteien“, sagt er. Trotzdem wollen vor allem viele junge Menschen zur EU. Inzko: „In den vergangene­n Jahren haben Hunderttau­send das Land in Richtung EU-Staaten verlassen, weil sie eben nicht länger warten möchten.“

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