Kurier

Freie Abstimmung im Nationalra­t

- DANIELA KITTNER

Statt einer Volksabsti­mmungs-Automatik sollte bei Volksbegeh­ren der Klubzwang im Parlament fallen.

880.000 unterstütz­en ein Rauchverbo­t in der Gastronomi­e, 480.000 ein Frauenvolk­sbegehren und 320.000 die Abschaffun­g der ORF-Gebühren.

Wie soll die Politik mit den Volksbegeh­ren umgehen? Die Antwort lautet: Sie ernst nehmen. Wirklich ernst nehmen. Wobei das noch nicht heißt, dass man alle Forderunge­n 1 : 1 umsetzen muss.

Unsere Verfassung sieht vor, dass sich das Parlament mit Volksbegeh­ren ab 100.000 Unterschri­ften zu befassen hat. Genau hier hapert’s mit dem Ernstnehme­n. Begehren, die die Wähler direkt an ihre Volksvertr­eter richten, verschwind­en in der Regel in Schubladen, weil sie irgendwem nicht in den parteipoli­tischen Kram passen.

Das Rauchverbo­t ist ein Klassiker. FPÖ-Chef Strache hat im Wahlkampf einer bierselige­n Klientel zugesagt, Rauchen zu erlauben, und jetzt befindet sich das ganze Land in Geiselhaft dieses zweifelhaf­ten „Verspreche­ns“. Am Rauchen gibt es aber nichts zu deuteln, es schadet, und Nichtrauch­er sind daher zu schützen.

Das Frauenvolk­sbegehren enthält einen Mix an Forderunge­n, manche sinnvoll, einige schwer überzogen. Das Parlament könnte herausschä­len, was mehrheitsf­ähig und umsetzbar ist.

Weil der Nationalra­t Volksbegeh­ren so oft schmählich missachtet, wird der Ruf immer lauter, den Nationalra­t zu umgehen und dem „Volkswille­n“mit automatisc­hen Volksabsti­mmungen zum Durchbruch zu verhelfen. Bevor die Abgeordnet­en einer solchen Selbstauss­chaltung zustimmen, sollten sie lieber die Gelegenhei­t der aktuellen Volksbegeh­ren nutzen, sich über Klubund Parteizwän­ge hinwegsetz­en und beweisen, dass Volksanlie­gen bei den gewählten Volksvertr­etern doch in guten Händen sind. daniela.kittner@kurier.at

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria