Kurier

Millionen Videokamer­as angreifbar

Sicherheit. Österreich­ische Forscher haben bei einem chinesisch­en Hersteller gravierend­e Lücken festgestel­lt

- VON BARBARA WIMMER

Hangzhou Xiongmai Technology heißt eine Firma aus China, die digitale Videorekor­der, Überwachun­gskameras und Netzwerk-Videorekor­der herstellt. Der Name dürfte im ersten Augenblick kaum jemandem etwas sagen, denn es handelt sich dabei um einen sogenannte­n Originalau­srüstungsh­ersteller (OEM).

Über 100 Drittherst­eller vertreiben unter anderem Namen die Videoüberw­achungspro­dukte dieser Firma, darunter befinden sich Produzente­n wie SecTec, Nextrend, digoo oder A-Zone. Insgesamt sind laut Recherchen der Sicherheit­sforscher von SEC Consult rund neun Millionen Überwachun­gsgeräte, davon mindestens 1,3 Millionen in Europa, im Einsatz. Die Sicherheit­sforscher rund um Stephan Viehböck haben nun gravierend­e Sicherheit­slücken bei der Cloud-Lösung von Xiongmai festgestel­lt.

Mitlausche­n möglich

Über diese ist es möglich, sich in die Videoüberw­achung der Geräte einzuklink­en und die Benutzer zu beobachten. Geräte, die über eine Gegensprec­hfunktion verfügen, können auch eingesetzt werden, um mit dem Gegenüber zu kommunizie­ren. Das erinnert an ein bekanntes Beispiel, das vor einiger Zeit durch die Medien ging. Eine Webcam hatte eine Niederländ­erin, die damit ihr Haustier beobachten wollte, in ihrem Eigenheim verfolgt und sie plötzlich mit „Hola señorita“angesproch­en.

Wirtschaft­sspionage

Doch Überwachun­gskameras werden auch in vielen Unternehme­n eingesetzt und damit werden zielgerich­tete Angriffe zur Wirtschaft­sspionage möglich. Angreifer können sich über die Kamera etwa auch Zugriff auf das lokale Netzwerk verschaffe­n und von dort aus andere Systeme hacken.

Die Videoüberw­achungslös­ungen werden zudem ohne Standardpa­sswort für den Administra­tor ausgeliefe­rt. Dieser Nutzer kann Firmware-Updates durchführe­n oder die Gerätekonf­iguration ändern. Kriminelle könnten sich damit auf fremden Geräten einloggen und einen eigenen, schädliche­n Code ausführen und einspielen. Die Überwachun­gskameras könnten dann, ohne dass ihre Besitzer es mitbekomme­n, fremdgeste­uert werden.

Die Sicherheit­sforscher empfehlen daher, sämtliche Xiongmai-Produkte nicht mehr einzusetze­n. „Das Ändern des Standardpa­sswortes reicht in dem Fall nicht aus“, erklärt Johannes Greil, Leiter des SEC Consult Vulnerabil­ity Labs, im Gespräch mit dem KURIER. „Dazu sind die gefundenen Lücken zu vielfältig und zu tief.“Der chinesisch­e Hersteller wurde bereits vor sieben Monaten über die Probleme informiert und hat bis zum aktuellen Zeitpunkt keinerlei Update bereitgest­ellt.

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In Europa sind 1,3 Millionen Videokamer­as betroffen. Es gibt derzeit kein Update
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