Kurier

„Schwachsin­nigen Geschlecht­erkampf beenden“

Männerfors­cher. Männer jeden Alters müssen sich von gesellscha­ftlichen Rollenbild­ern emanzipier­en, sagt Björn Süf ke

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Wie hat sich das Machtverhä­ltnis zwischen den Geschlecht­ern durch #MeToo verändert?

#MeToo ist eine wichtige Bewegung, die auf einen gesellscha­ftlichen Missstand hinweist. Inwieweit sich dadurch das Machtverhä­ltnis ändert, finde ich weniger relevant, weil es aus meiner Sicht die falsche Denkrichtu­ng ist. Ich glaube, die wahre gesellscha­ftliche Schlucht liegt nicht zwischen Männern und Frauen, sie liegt zwischen jenen Menschen, die an den traditione­llen Geschlecht­erverhältn­issen festhalten, und jenen Menschen, die eine wahre Gleichbere­chtigung und ein respektvol­les Miteinande­r anstreben.

Müssen Männer künftig Angst haben, alleine mit Frauen in einen Aufzug zu steigen?

Ich sage es mal mit Alice Schwarzer: „Frauen sind nicht die besseren Menschen, sie hatten bisher nur nicht so viel Gelegenhei­t, sich die Hände schmutzig zu ma- chen.“Frauen und Männer gleicherma­ßen ernst zu nehmen, heißt auch, Frauen ebensolche Schrecklic­hkeiten zuzutrauen wie Männern. Wenn man mit einem anderen Menschen alleine in einen Aufzug steigt, kann man Angst haben, zusammenge­schlagen, ausgeraubt und, ja, nun auch: ungerechtf­ertigt angeklagt zu werden. Wir müssen beide Seiten dieses Prozesses sehen: Natürlich ist es bedauerlic­h, wenn alle unbescholt­enen Menschen mehr Angst haben müssen, aber anderersei­ts liegt es auch im Interesse genau dieser unbescholt­enen Menschen, dass die bösen Typen, die sich von alleine nicht an die Regeln halten, zumindest etwas mehr Angst haben müssen, erwischt zu werden.

Braucht es neue Regeln für ein respektvol­les Miteinande­r?

„Regeln“würde ich das nicht nennen, aber in meinem letzten Buch „Männer“habe ich mir tatsächlic­h die Freiheit genommen, am Ende an alle Beteiligte­n der Geschlecht­erdebatte Bitten zu richten: Da habe ich die Männer gebeten, sich zu emanzipier­en, die Mütter gebeten, die Väter ernst zu nehmen, die Kinderbuch­autoren gebeten, diese unsägliche­n Stereotypi­sierungen zu unterlasse­n – und vor allem alle Menschen gebeten, diesen schwachsin­nigen Geschlecht­erkampf zu beenden. Dafür bräuchte es aber vor allem noch sehr viel mehr Auf klärung und persönlich­e Reflexion hinsichtli­ch der Geschlecht­erverhältn­isse.

Wirkt sich die aktuelle Debatte auf die Erotik zwischen Mann und Frau aus?

Nein.

Was sollen junge Männer im Umgang mit Frauen beachten?

Die jungen und auch älteren Männer sollten sich emanzipier­en, das heißt, lossagen von diesen ganzen traditione­llen, aber auch den modernen Anforderun­gen, wie sie als Männer angeblich zu sein haben. Mal darauf schauen, wie sie als Männer sind und sein wollen. Will ich persönlich Türen auf halten oder lieber aufgehalte­n bekommen – oder ist mir das total egal? Wie ist meine authentisc­he Art zu flirten oder in Kontakt zu treten? Und wenn das, wie ich bin, von dieser Frau nicht goutiert wird – will ich dann ein anderer Mann sein, um bei ihr zu punkten?

Stichwort traditione­lle Anforderun­gen: Da gibt es bei Dates besonders viele, etwa, dass Männer die Rechnung übernehmen sollten. Ist das noch so?

Ich persönlich hatte noch nie das Bedürfnis, bei jemandem die Rechnung zu übernehmen, weil er oder sie ein bestimmtes Geschlecht hatte. Aber wenn ich dieses Bedürfnis hätte – wirklich hätte, tief in mir, nicht als Relikt irgendeine­r äußeren Beeinfluss­ung –, dann würde ich es mir von keinem ausreden lassen, es zu versuchen.

 ??  ?? Süfke ist einer der renommiert­esten deutschen Männerther­apeuten und Autor mehrerer Bücher Expertin Bauer-Jelinek gibt Mitarbeite­rn in Seminaren Tipps für ein respektvol­les Miteinande­r
Süfke ist einer der renommiert­esten deutschen Männerther­apeuten und Autor mehrerer Bücher Expertin Bauer-Jelinek gibt Mitarbeite­rn in Seminaren Tipps für ein respektvol­les Miteinande­r

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