Aufregung um Maurer-Urteil
Belästigung gepostet: Wegen übler Nachrede schuldig gesprochen.
Als der Richter Dienstagvormittag im Wiener Straf landesgericht das Urteil verkündet, kann sich Albert L. ein kurzes Auflachen nicht verkneifen. Ihm gegenüber sitzt als Angeklagte die Ex-Grüne Sigi Maurer. Ihr Blick ist starr. Soeben hat sie Richter Stefan Apostol wegen übler Nachrede zu 3000 Euro Strafe verurteilt. Zusätzlich muss sie Albert L. wegen der erlittenen Kränkung 4000 Euro zahlen; nicht rechtskräftig. Sie sei erschüttert, wird sie wenig später sagen. Doch erst muss sie den Schreck verdauen.
Vor dem Saal steht eine Horde an Journalisten mit Mikrofonen und Kameras. Sie wollen die Stimmen nach dem Prozess einfangen – ein Prozess, der eine klare Gesetzeslücke aufzeigte. Das machte selbst der Richter deutlich: „Was Ihnen angetan worden ist, und dass das nicht straf bar ist, das steht auf einem anderen Blatt.“
Was Maurer angetan wurde, ging im vergangenen Mai durch alle Medien. Nachdem sie am Craftbeer-Geschäft von Albert L. in der Wiener Strozzigasse vorbei gegangen war, erhielt sie via Facebook zwei Nachrichten: „Du bist heute bei mir beim Geschäft vorbei gegangen und hast auf meinen Schwanz geguckt, als wolltest du ihn essen.“Die zweite Nachricht fiel noch deftiger aus.
Maurer wehrte sich. Sie veröffentlichte die Nachrichten auf Twitter. Gegen den Betreiber des Shops brach darauf hin ein Shitstorm aus, er wurde mit Beschimpfungen und Drohungen konfrontiert. Und er bestritt seit jeher, der Verfasser der Nachrichten zu sein.
Lügen
Genau das ist auch im Prozess der springende Punkt. Denn bis zuletzt kann nicht mit absoluter Sicherheit nachgewiesen werden, dass L. die Mitteilungen verfasst hatte. Der Richter drückt es so aus: „Ich bin überzeugt, dass Herr L. lügt und tendenziell antwortetet. Entweder er möchte die eigene Tat verdecken oder er weiß genau, wer es war und will diese Person nicht hineinreiten. Die zweite Version halte ich für wahrscheinlicher.“
„Diese Person“– das könnte ein Freund von Albert L. sein. Der Mann, der für den Shopbetreiber die Homepage und die Facebook-Seite betreut. Was ihn verdächtig macht: Die eigenwillige Rechtschreibung. Mit sehr vielen Rufzeichen und Leer- zeichen vor den Satzzeichen. Ein Merkmal, das auch in den obszönen Nachrichten an Maurer auffiel. „Ich war an dem Tag gar nicht im Lokal“, sagt der Freund.
„Furchtbar“sei es, welche Nachrichten Maurer bekommen hat, sagt L.’s Anwalt Adrian Hollaender. „Aber die Nachrichten hat sie eben nicht von Herrn L. bekommen.“
Maurers Anwältin Maria Windhager ist dennoch überzeugt, dass L. der Verfasser war. „Alles hat auf ihn gedeutet.“Es sei von ihrer Mandan- tin ein „sehr mutiger Schritt gewesen, so etwas zu veröffentlichen.“Sich mit rechtlichen Mitteln zu wehren, sei nicht möglich gewesen.
Achtenswert
So schlimm die Nachrichten auch waren, so schlimm war es auch, diese öffentlich Herrn L. zuzuschreiben, sagt der Richter zu Maurer. „Sie wollten ihn damit verächtlich machen und herabsetzen. Das haben Sie erreicht.“Maurer sei in diesem Punkt Täter, nicht Opfer. Gleichzeitig gesteht er ihr einen „achtenswerten Beweggrund“zu – nämlich, dass sie die vorliegende Problematik aufzeigen wollte.
Albert L.’s Anwalt ist nach dem Urteil hocherfreut: „Mehr als einen Sieg kann man nicht erringen.“
Sigi Maurer bleibt bei ihrem letzten Wort – da fragte sie der Richter, ob sie die Tat bereue. „Nein!“
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