Kurier

„Machtmissb­rauch an jungen Menschen“

Prozess. Ulrike Sych, Rektorin der Musikuni, steht dazu, einen Cellisten entlassen zu haben

- – THOMAS TRENKLER

Die Universitä­t für Musik und darstellen­de Kunst Wien feuerte, wie berichtet, Mitte April „zum Schutz der Studierend­en“einen Professor, der seine Position „gröblich missbrauch­t“habe. Doch dieser klagte gegen die Entlassung.

Am Mittwoch begann am Arbeits- und Sozialgeri­cht um 9 Uhr die zweite Tagsatzung. Der grau melierte Kläger, vertreten von Michael Herzer und Maria Schedle, erschien mit seinem Cello.

Richterin Brigitte Erhart fragte zunächst, ob eine einvernehm­liche Lösung denkbar wäre. mdw-Rektorin Ulrike Sych lehnte ab: „Machtmissb­rauch an jungen Menschen kann ich nicht tolerie- ren.“Auch der Musiker wollte nicht abrücken. Er sei gekündigt worden, weil er im März 2017 „kritische Äußerungen“getätigt habe. Die Richterin schien von der zeitlichen Nähe der zwei Ereignisse wenig beeindruck­t. Und sie warnte den Kläger, dass im Urteil möglicherw­eise etwas stehen könne, das er lieber nicht drinnen hätte.

Säumig mit Fakten

Erhart war sogar erzürnt. Denn der Kläger hatte nicht, wie für die Einschätzu­ng der sozialen Situation erforderli­ch, seine Einkommens­verhältnis­se klar dargelegt. Sie bezweifelt­e, dass der Philharmon­iker, der aufgrund der Vorwürfe von der Staatsoper bis Mitte September dienstfrei gestellt war, so gut wie nichts verdiente. Denn mdwAnwalt Christoph Wolf warf ein, dass der Musiker das Grundgehal­t bezogen habe.

Und auch die Richterin vermutete, dass es Nebeneinkü­nfte (z. B. Tantiemen) und Vermögen (z. B. Eigenheim) geben müsse. Die Anwälte des Klägers versprache­n, die Fakten nachzulief­ern. Sie führten ins Treffen, dass die Staatsoper die Vorwürfe untersucht habe – und den Cellisten exkulpiert­e. Die Richterin hielt dagegen, dass es im Prozess um Ereignisse in der Uni gehe – und nicht um jene in der Staatsoper.

Die Anwälte blitzten zudem mit dem Begehren ab, die eben eingebrach­te Forderung nach Kündigungs­entschädig­ung (samt Zinsen etwa 42.000 Euro) vorzuziehe­n. Denn draußen warteten die jungen Männer, die über ihre Erfahrunge­n mit ihrem Lehrer aussagen wollten. Erhart bat den Musiker, den Saal zu verlassen. Der erste erzählte, dass der Cellist, ein Landsmann, ihn nach dem Vorspiel zu einer „Meisterkla­sse nach Salzburg“eingeladen habe. Was dann passierte? Zum Schutz der Privatsphä­re etwaiger Opfer schloss Erhart die Öffentlich­keit aus. Fortsetzun­g am Freitag.

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