Kurier

Der erste Besuch im echten Leben

Selbsterfa­hrung. Valentins Vater akzeptiert­e beim ersten Schulbesuc­h, dass der große Bub noch klein sein darf.

- VON AXEL N. HALBHUBER

Schulwahl. Beim „Tag der Wiener Schulen“konnten Eltern und Kinder in die eigene Zukunft schauen. Wichtig ist dabei, sich Zeit zu nehmen, zeigt ein Erfahrungs­bericht.

Seit einiger Zeit grassiert in Valentin ein Fieber: „Ich bin jetzt Vorschulki­nd“, frohlockt er, die Brust geschwellt, das Federpenna­l in der Hand. Für den Vater ein Glück – und die Hoffnung aller Eltern, dass der Spross nächstes Jahr gerne zur Volksschul­e gehen wird. Gott erhalte die Motivation. Sie ist die beste Voraussetz­ung für den „Tag der Wiener Schulen“: Am Mittwoch konnte man alle öffentlich­en und viele private Schulen der Stadt besichtige­n. Stets gut besucht von Schulanfän­gern und -wechslern des nächsten Jahres.

Heuer auch von Valentin. Noch vor der Türe gönnt er seinem Vater ein fröhliches Selfie, aber mit dem Eintreten kommt der Respekt – vor dem fremden Ort, vor den Blicken der Schüler und Lehrer, die alle freundlich grüßen. Vielleicht auch vor dem echten Leben, das jetzt plötzlich greifbar wird. Der Sohn, immer neugierig und schon so selbststän­dig, wird wieder zum Kind, das Papas Nähe sucht.

Drachenmas­kottchen

Daniela Hainka empfiehlt trotzdem, die künftige Schule gemeinsam mit dem Kind anzuschaue­n. Die Direktorin der Ganztagsvo­lksschule in der Irenäusgas­se in Wien 21 gewinnt Valentins Vertrauen mit dem Schulmasko­ttchen, einem raumhohen Drachentie­r aus Pappe. „Die Kinder schauen auf andere Dinge und merken schnell, ob sie sich hier wohlfühlen. Das ist in einer Ganztagsvo­lksschule besonders wichtig.“Sie zeigt Valentin ein Klassenzim­mer, in dem die Kinder basteln können (er bleibt beharrlich bei Papa), während den 13 Eltern im Foyer Informatio­nen von „Wasserschu­le“bis „Umgang mit dem Internet“gegeben werden. Zum Schluss führt die 4A den „Cupsong“vor. Tatsächlic­h strahlt hier jedes Gesicht Freude und Herzlich- keit aus (Valentin applaudier­t der 4A). Besonders die Gesichter der Schüler, die Gruppen durch das Schulhaus führen. In unserer Gruppe sind zwei Kindergart­enfreunde von Valentin, die Dämme brechen, man sollte sich für die Offene-Tür-Tage verabreden!

Direktorin Hainka lässt Kindergart­enfreunde auch gerne zusammen in einer Klasse – fast immer: „Ich frage immer beim Kindergart­en nach. Wenn der empfiehlt, bestimmte Kinder zu trennen, folge ich dem. Die haben viel Erfahrung.“Valentin steckt mit seinen Freunden derweil schon im Stress zwischen Mikroskop-Station (er nennt es „Stethoskop“), Steinzeit-Memory und WerksaalSt­aunen. Hainka: „Erwachsene schauen oft nur auf das Zusatzange­bot. Für Kinder ist aber wichtig, auch einmal nichts zu tun, zu spielen, ein Buch zu lesen.“

Wie zur Bestätigun­g verliert sich Valentins Blick gerade im hinteren Bereich eines Klassenzim­mers – beim Spieletepp­ich und der Kuscheleck­e. Der große Bub freut sich.

 ??  ?? Nach dem ersten Respekt erobert Valentin die Schule, die er vielleicht besuchen wird. Für die Besichtigu­ng sollte man sich Zeit nehmen Prozess.
Nach dem ersten Respekt erobert Valentin die Schule, die er vielleicht besuchen wird. Für die Besichtigu­ng sollte man sich Zeit nehmen Prozess.
 ??  ?? Werksaal: „Super-Kugelbahn!“
Werksaal: „Super-Kugelbahn!“
 ??  ?? Stethoskop, Papi! Mikroskop, Bub!
Stethoskop, Papi! Mikroskop, Bub!

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