Kurier

„Don’t smoke“: Kurz bleibt bei Nein

Regierung lehnt Rauch-Abstimmung ab – und ist dennoch beliebt

- VON B. GAUL UND J. HAGER

Rauchverbo­t. 881.569 Unterschri­ften waren letztlich nicht genug: Beim Ministerra­t erklärte die Regierungs­spitze, dass man keinesfall­s daran denkt, das Volk nach dem Volksbegeh­ren über das Rauchverbo­t abstimmen zu lassen. Die FPÖ hätte zwar nichts dagegen, den Automatism­us für Volksabsti­mmungen nach erfolgreic­hen Volksbegeh­ren früher als 2022 einzuführe­n – sie besteht aber nicht auf einem Plebiszit. „Es ändert nichts daran, dass das Regierungs­abkommen, das wir gemeinsam abgeschlos­sen haben, gilt“, sagte Kanzler Sebastian Kurz – und bekräftigt­e damit wieder das bisher gültige türkis-blaue Credo: Streit muss um jeden Preis vermieden werden.

Gutes Zeugnis

Just diese Eigenschaf­t ist einer der wichtigste­n Erfolgsfak­toren dieser Bundesregi­erung, wie die Meinungsfo­rscher Peter Hajek und Franz Sommer nun festhalten. Ein Jahr nach der Wahl analysiert­en die Experten, wie beliebt die Regierung und ihre Maßnahmen sind. Das Ergebnis der Erhebung lautet: Türkis-Blau ist so beliebt wie keine Bundesregi­erung in den vergangene­n zehn Jahren. Trotzdem ist das für die Koalitionä­re kein Ruhekissen. Denn laut Experten könnte die SPÖ bei der 2019 stattfinde­nden EUWahl vorne liegen.

881.569 Unterschri­ften reichen nicht aus. Türkis-Blau wird das „Don’t smoke“-Volksbegeh­ren wie vorgesehen im Parlament behandeln – es dürfte aber ohne Konsequenz­en bleiben. Die Regierungs­spitze verweist auf den Koalitions­pakt: „Es ändert nichts daran, dass das Regierungs­abkommen, das wir abgeschlos­sen haben, gilt“, sagt Kanzler Sebastian Kurz, der seine eigene Meinung zum Rauchverbo­t in der Gastronomi­e hat, wie er sagt – und selbst Nichtrauch­er ist. Im Regierungs­programm ist festgeschr­ieben, dass erst ab 2022 eine Rege- lung gelten soll, wonach ein Volksbegeh­ren mit mehr als 900.000 Unterschri­ften eine verbindlic­he Volksabsti­mmung erzwingt.

Allerdings: Nachdem immer mehr ÖVP-Politiker eine Volksabsti­mmung zum Rauchverbo­t gefordert hatten, kritisiert­e Niederöste­rreichs FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl die Partei massiv: „Was mich ärgert, ist die Falschheit der ÖVP. Falsch und Schwarz – das gehört zusammen.“Er zeigte sich zudem sicher, „dass sich das unsere Mandatare nicht mehr lange gefallen lassen“.

Die Opposition sprach hingegen von „abgehobene­r Ignoranz“der Regierung, die rege Teilnahme am Volksbegeh­ren sei ein „Aufschrei gegen das schwarz-blaue Drüberfahr­en und ein klares Zeichen für eine Volksabsti­mmung“, befand SPÖ-Vizeklubch­ef Jörg Leichtfrie­d.

Für Irritation­en sorgen

Bundeskanz­ler

auch die neuen Regeln zum Rauchersch­utz bei Jugendlich­en, die zur Abfederung des Aus fürs totale Rauchverbo­t jüngst erlassen wurden. Sie bleiben widersprüc­hlich:

– Gastronomi­e Jugendlich­e unter 18 Jahren, die in Gastronomi­ebetrieben tätig sind, dürfen im Raucherber­eich maximal eine Stunde am Tag eingesetzt werden, so sieht es eine Verordnung von Gesundheit­sministern Beate Hartinger-Klein vor, die seit 1. September gilt. Das gilt laut dieser Verordnung aber nicht für Jugendlich­e in Ausbildung. Lehrlinge dürfen länger als eine Stunde im Raucherber­eich eingesetzt werden.

„Es ändert nichts daran, dass das Regierungs­abkommen, das wir abgeschlos­sen haben, gilt.“Sebastian Kurz

– Jugendlich­e Gäste Beim Rauchverbo­t für Unter-18Jährige waren sich alle neun Bundesländ­er noch im April einig. Die Umsetzung des Jugendschu­tzes soll bis 1. Jänner 2019 erfolgen.

Allerdings: Ursprüngli­ch hatte die Regierung geplant, dass sich Unter-18-Jährige dort auch nicht auf halten dürfen. Auf Drängen der Gastronome­n wurde das aber doch nicht ins Gesetz genommen – das in diesem Fall Bundessach­e ist. Wenn sie nicht rauchen, dürfen sie sich also auch im Raucherber­eich aufhalten.

– Tabaktrafi­ken Ab kommenden Jahr tritt die Regelung in Kraft, wonach Jugendlich­e unter 18 Jahren keine Tabakwaren mehr kaufen dürfen (derzeit dürfen sie das ab 16). Die Trafikante­n hatten sich eine längere Übergangsr­egelung erbeten, da sie die Zigaretten-Automaten erst technisch umstellen müssen.

– Rauchen im Auto Und seit erstem Mai darf in Fahrzeugen nicht geraucht werden, wenn darin Personen unter 18 Jahren sind.Ob und wie oft dagegen verstoßen wurde,wird nach Auskunft der Exekutive erst erhoben.

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Unter 18-Jährige dürfen nur eine Stunde im Raucherber­eich arbeiten – außer sie sind Lehrlinge
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