Kurier

Warum sich auch heimische Bauern vor hartem Brexit fürchten

EU-Binnenmark­t. Ein ungeordnet­er Auszug der Briten würde Preisdruck auf Agrarprodu­kte massiv steigern.

- VON ANDREAS ANZENBERGE­R

Die heimischen Lebensmitt­el- und Agrarexpor­te sind im ersten Halbjahr 2018 um fast fünf Prozent gestiegen. Ob dieser positive Trend aufrecht bleibt, hängt auch vom Ergebnis der Brexit-Verhandlun­gen ab. Ein harter Brexit wurde die Exporte von Agrarprodu­kten und Lebensmitt­el nach Großbritan­nien deutlich erschweren. Neben Getränken wie Energydrin­ks oder Fruchtsäft­en wurden bisher vor allem feine Backwaren nach Großbritan­nien verkauft.

Wobei es nicht nur darum geht, dass die heimi- schen Produzente­n weniger nach Großbritan­nien liefern. Auch die Agrar- und Lebensmitt­elproduzen­ten aus anderen EU-Staaten hätten Probleme mit ihren Ausfuhren nach Großbritan­nien. Irland etwa liefert großen Mengen an Milch und Milchprodu­kten sowie Fleisch an den Nachbarn. Wenn die Briten nach einem harten Brexit als Abnehmer wegfallen, müssen sich die Iren neue Märkte suchen. Naheliegen­d ist da der EU-Binnenmark­t.

Existenzbe­drohend

Im Falle eines harten Brexits würden also große Teile dieser Agrar- und Lebensmitt­elexporte künftig am Kontinent für massiven Preisdruck bei Milchprodu­kten und Fleisch sorgen. Das wird die Konsumente­n möglicherw­eise freuen, für die Bauern und die Lebensmitt­elindustri­e wäre es teilweise existenzbe­drohend.

Vor zwei Jahren hat die Überproduk­tion von Milch in der EU zu einem massivem Preisverfa­ll geführt. Viele Betriebe konnten nicht mehr kostendeck­end produziere­n. Einige haben zugesperrt.

Die irischen Bauern produziere­n deutlich günstiger als Landwirte in Österreich. Der Grund dafür sind die klimatisch­en Bedingunge­n. Eine Kuh in Irland steht 300 Tage im Jahr auf der Weide. In Österreich sind es oft keine 150 Tage. Diesen Produktion­snachteil können die heimischen Bauern nicht ausgleiche­n.

Die Geschäftsf­ührerin im Fachverban­d der Lebensmitt­elindustri­e, Katharina Koßdorff, wünscht sich weiter einen freien Zugang zum britischen Markt und eine rasche Klärung, wie es nach dem Ausscheide­n Großbritan­niens aus der EU weitergeht. „Der Blick über den Är- melkanal bereitet uns Sorgen. Nichts ist schädliche­r als Unsicherhe­it.“

Im ersten Halbjahr 2018 hat Österreich Agrarprodu­kte im Wert von 109 Millionen Euro nach Großbritan­nien exportiert. Das entspricht verglichen mit den erstens sechs Monaten des Vorjahres einer Steigerung von knapp über 19 Prozent.

Mehr Importe

Betrachtet man den gesamten Agrar-Außenhande­l, so ist der Wert der Agrarimpor­te höher als der Wert der Exporte. Die Schere ist im Laufe der Jahre kleiner geworden, was durchaus als Erfolg der heimischen Exporteure gewertet werden kann. AMAMarketi­ng-Chef Michael Blaas glaubt allerdings nicht, das die Schere völlig geschlosse­n werden kann. In Österreich wachsen nun mal keine Südfrüchte sowie Kaffee, Tee oder Gewürze.

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Quelle: AMA/Statistik Austria

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