Kurier

Bei USA-Reise der Wut eine Stimme gegeben

Interview. Mira Lu Kovacs von Schmieds Puls spricht über manische Phasen und Sexismus in ihrem Alltag.

- VON BRIGITTE SCHOKARTH

„Ich bin kein manischer Charakter, aber ich liebe manische Phasen“, sagt Mira Lu Kovacs, Frontfrau und Songwriter­in von Schmieds Puls. Zwei Alben mit sanften Klängen, die Indie, Jazz, Folk und Pop fusioniere­n, hat sie mit ihren Mitstreite­rn Walter Singer und Christian Grobauer bisher herausgebr­acht. Jetzt ist „Manic Acid Love“erschienen, bei dem sich auch aggressive­re Töne und harte Brüche in die zauberhaft­e Melancholi­e mischen.

Entstanden ist das Album nämlich in so einer manischen Phase bei einem Aufenthalt in den USA. „Ich war in NewYork, das ohnehin eine unfassbar energetisc­he Stadt ist. Und ich bin durch das Land gereist. Dabei kam ich in einen Zustand von unglaublic­her Schaffensk­raft. Denn wenn ich alleine unterwegs bin, kann ich ganz frei meine Visionen spinnen. Dann fällt mir der Kontakt mit mir selbst leichter, als in meinem gewohnten Umfeld. So habe ich dort geschriebe­n und geschriebe­n. Zurück in Wien habe ich festgestel­lt, dass es dabei bemerkensw­ert oft um Aggression geht, um Wut, darum, Grenzen zu setzen.“

Damit sind aber nicht die Grenzen in Liebesbezi­ehungen gemeint. Nur das Lied „Don’t Love Me Like That“ist diesem Thema gewidmet. Sonst geht es um Alltagsbeg­egnungen: „Ich mag keine oberflächl­ichen Beziehunge­n. Wenn ich aber merke, das ist eine wertvolle Begegnung, dann gebe ich viel. Dabei wird dann aber auch unabsichtl­ich viel genommen, und es ist nicht möglich, sich rechtzeiti­g zu schützen. Die Grenzen von anderen wahrzunehm­en, aber auch meine zu kommunizie­ren, ist mir deshalb im letzten Jahr sehr wichtig geworden.“

Sexistisch

Dabei spielt auch der Sexismus im Musik-Business eine Rolle. In „Superior (Fuck You)“geht es um die Begegnung auf Augenhöhe, weil Kovacs häufig Menschen trifft, die ihr nichts zutrauen. Zum Beispiel Soundtechn­iker, die nicht sie, sondern ihren Drummer fragen, wie sie ihren Gitarren-Klang ein- gestellt haben will. Das will sie nicht mehr akzeptiere­n.

„Ich finde es angenehm, dass das Gender-Thema immer mehr zu einem Spektrum wird, und es nicht mehr nur um Frau, Mann, homo- und heterosexu­ell geht. Aber ich wundere mich oft über Männer in meinem Alter zwischen 25 und 30 Jahren. So ein Typ glaubt, er ist der moderne Mann, weil er nach 1985 geboren ist. Er nimmt viele Dinge für selbstvers­tändlich, glaubt, er kann sexistisch­e Witze erzählen, weil er so ref lektiert ist. Dabei hat er sich noch überhaupt nicht mit seinem Konzept von Männlichke­it auseinande­rgesetzt. Das verändert sich eh langsam. Aber ein weißer Mann aus Mitteleuro­pa muss seine Identität am wenigsten hinterfrag­en, weil er die meisten Privilegie­n hat. Viele Männer glauben, dass Feminismus nur etwas für Frauen ist. Dabei ist er auch für Männer interessan­t. Es ist eine Lebenseins­tellung, bei der es auch um die Befreiung ihres Geschlecht­s geht.“

Info: Schmieds Puls auf Tour: 11.10. Bludenz/Remise 12.10. Salzburg/ARGEkultur 18.10. Graz/Orpheum 19.10. Innsbruck/Treibhaus 20.10. Krems/Kino im Kesselhaus 25.10. Wien/WUK

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Die ehemalige Jazz-Studentin Mira Lu Kovacs (Mitte) ist ab heute mit Schmieds Puls auf Österreich-Tour

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