Neues Farbenspiel in Bayern
Mögliche Koalitionen. Schwarz-Grün ist realistisch und kommt bei den Wählern an, birgt aber Spannungen
Keine Partei warnt so vehement vor den Folgen des Klimawandels wie die Grünen. In Bayern könnte sich dasKlimaamSonntagabrupt ändern – nicht zum Nachteil der Grünen. Mit der Alleinherrschaft der CSU ist es laut Prognosen vorbei, durch den EinzugderAfDunddemnoch unsicheren der FDP könnten sechsParteienimLandtagsitzen. Und die CSU wird auf Partnersuche gehen müssen.
Gute Chancen hätten die Grünen, die zweitstärkste Kraft werden könnten. Dass sie regieren wollen, ist kein Geheimnis. Daran arbeitet auch die Parteispitze im Bund: Robert Habeck, ein Pragmatiker, der in Schleswig-Holstein eine Regierung mit CDU und FDP auf den Weg brachte, schwor seine bayerischen Mitstreiter vor wenigen Tagen ein: Man dür- fe „keine Angst davor haben, den ehemals Mächtigen einen Teil der Macht abzunehmen“. Die Grünen an der Macht– nach40JahrenParteigeschichte sind sie in Bayern so nah dran wie noch nie.
Was bei breiten Teilen der Bevölkerung gut ankäme – die Zustimmung für SchwarzGrün liegt in Umfragen bei 40 Prozent –, sorgt intern für Sorgen, es geht um Glaubwürdigkeit. Denn in Bayern sind die Grünen mitunter erfolgreich, weil sie sich als Gegenmodell zur CSU präsentieren: Von AnkerzentrenbisAbschiebungen nach Afghanistan. Mit „dieser CSU“könne man nicht arbeiten, lautete bisher der Tenor, der sich gegen Seehofer und Söder richtete.
Grüne Linien
Ob sie ihre Haltung nach der Wahl ändern? „Das Personaltableau muss die CSU mit sich selbst ausmachen“, sagt Spitzenkandidatin Katharina Schulze, der Ambitionen auf das Innenministerium nachgesagt werden – mit Blumen und Bienen werden sich die Grünennichtzufriedengeben. Undsovielstehtfest: Mankönnemitihnenübervielesreden, aber nicht über „antieuropäische und autoritäre Politik“. Dasistdeutlich, manchenaber zu vage. Unter jenen, die gegen die CSU-Politik sind, geht die Angst um, dass die Grünen zu kompromissbereit sind: EtwaAbschiebungenzustimmen, um damit das umstrittene Polizeigesetz, das mehr Überwachung beinhaltet, zu kippen.
Damit könnte die CSU durchaus leben. Noch einfacher wäre für sie aber eine Koalition mit den Freien Wählern, einerGruppeehemaliger CSUler. Ideologisch steht man sich nahe, puncto Asylpolitik tritt die Gruppe härter auf. Fallseszahlenmäßignicht klappt, könnte man die FDP dazu holen (sofern sie über fünf Prozent kommt). Nachteil: Die CSU müsste mehr Ministerämter abgeben. Zudem wird die FDP aus Berlin dirigiert.
Keine Alternative ist jene Partei, die sie im Namen trägt – die CSU lehnt eine Zusammenarbeit mit der AfD ab. Wenig aussichtsreich ist auch eine Koalition mit der SPD: Zwar hofft die noch auf die circa 53 Prozent unentschlossenen Wähler, aber an Werte wie 2013 kommt sie nicht mehr heran – damit reicht es nicht für ein Bündnis. Spitzenkandidatin Natascha Kohnen kann sich aber ohnehin schwer vorstellen, „mit Herrn Söder zu koalieren. Der ist nicht geleitet von Werten, sondern davon, wie er Macht vereinen kann“.
Dasserdiesevölligausder Hand geben muss, weil Parteien ohne die CSU regieren, wäre theoretisch möglich, ist aber unrealistisch.