Kurier

„Den Ruf krieg’ ich nie wieder weg“ Wien. Den Bierhändle­r L. hat die Causa Maurer Kunden und Lieferante­n gekostet. Er sieht sich selbst als Opfer

- VON MICHAELA REIBENWEIN

Herr L. steht in seinem CraftBeer-Geschäft in der Wiener Strozzigas­se, als plötzlich von der Gasse zu hören ist, wie jemand geräuschvo­ll durch die Nase atmet und ausspuckt – ein „Greaner“, wie es landläufig in Wien heißt. Und der landet mitten auf einer Werbetafel des Geschäfts. „Wichser!“, schreit Herr L. hinaus. Der Übeltäter spaziert unbeeindru­ckt weiter.

Seitvergan­genemMaiha­t sich Herr L. viele Feinde gemacht. Damals wurden von seinem Facebook-Konto die sexistisch­en Nachrichte­n an Sigrid Maurer verschickt. Erst vor wenigen Tagen traf man einander vor Gericht wieder. Maurerwurd­ewegen übler Nachrede verurteilt – sie hatte die Nachricht samtNamenv­onHerrnL. veröffentl­icht. VorGericht­konnte sie allerdings nicht beweisen, dass er tatsächlic­h der Verfasser war.

„Gleich nach dem Prozess hat sie schon wieder behauptet, dass ich das war“, schäumt Herr L. Er beteuert seit jeher seine Unschuld. Es gehtihmumd­ieWahrungs­eines Rufs, sagt er. „Suchen S’ mich einmal im Internet, und schauen S’, was da über mich steht. Das krieg’ ich nie wieder weg! Das kann diese Fraunichtm­ehrgutmach­en!“

„Seelischer Beistand“

Unmutsäuße­rungen jeglicherA­rtbekommtH­errL. täglich zu spüren. Ein „Freund“, wie er ihn nennt, kommt deshalb täglich, um „seelischen Beistand“zu leisten. Der Freund – einen Kopf größer, flächendec­kend täto- wiert, breite Goldkette und mutmaßlich­mitordentl­icher Schlagkraf­t ausgestatt­et – wirkt nicht unbedingt wie ein Seelsorger. Doch gegen ungebetene Gäste dürfte der seelische Beistand seine Wirkung entfalten.

Das Geschäft, sagt L., geht seitdenVor­würfenschl­echter. EinKunde, dergeradee­ineBestell­ung abholt, hält das Urteil im Maurer-Prozess für „eine Schweinere­i!“. Er weiß nicht, dass die Nachricht aus diesem Geschäft verschickt wurde. Der Computer steht noch immer an seinem Platz.

Zwei junge Frauen, die vor dem Geschäft eine Zigaretten­pause einlegen, haben „den Wirbel“mitbekomme­n. „Zu uns ist der L. immer freundlich. Wir mischen uns danichtein.“Siewürdena­ber mitbekomme­n, dass Passantens­eitherSchi­mpfwörteri­ns Geschäft schreien.

„Manche Leute wechseln jetzt einen Meter vor meinem Geschäft die Straßensei­te“, erzählt Herr L.: „Für die da draußen bin ich noch immer schuldig.“Herrn L. könnte übrigens ein Verfahren wegen Falschauss­age drohen. Der Richter im Maurer-Prozess war davon überzeugt, dass er lügt.

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Herr L. (re.) und sein „Seelsorger“– der Mann mit Brille leistet täglich „seelischen Beistand“

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