Notoperation
Privatklinik Währing. Wie die FPÖ einen Investor beim Zugang zu Sozialversicherungsgeldern unterstützt Wirtschaft voninnen
Speedway-Profis sind harte Burschen, auf der Aschenbahn gibt es keinen Pardon. Und die Wett branche ist kein Mädchenpensionat. Der ehemalige Rennfahrer und Glücksspiel unternehmer Walter Grubmüller ist es gewohnt, sich durchzusetzen. Wenn es sein muss, auch mit Hilfe der Politik.
Im Fall seiner kleinen, feinen Privatklinik kann der 65-Jährige auf die Hilfe von FPÖ-Chef Heinz-Christian St rache zählen. Mit der türkis-blauen Reform der Sozialversicherung kommt die Privatklinik Währing erstmals an jenen Fonds heran, aus dem Sozial versi ch erungs gelder an private Krankenhäuser bezahlt werden. Wie 44 andere Spitäler auch, nur stritt Grubmüller sieben Jahre lang erbittert darum.
Das Privat spital sorgt derzeit für heftigere Debatten im G es und heits system. In Sozialv er sicherungskreisen kritisiert man die Causa scharf als„ L ex Grub müller “. Was bei FPÖ-Sozialministerin Beate Hart ing er-Klein heftig dementiert wird. Die SPÖ empört sich,ÖVPundFPÖ würden„ G es und heits politik für Reiche“betreiben.
Der Fonds, der sogenannte Prikraf (siehe Artikel rechts unten ), wird künftig höher dotiert. In den Erläuterungen zur dafür erforderlichen Novelle desASVG(Allge meines Sozial versi ch erungsgesetz) ist das Spital inder Wiener Kreuz gasse explizit angeführt :„ Mit dieser Erhöhung der Mittel des PRIKRAF soll auch eine Erweiterung der Mitglieder um die Privatklinik Währing verbunden sein“.
Die konkrete Erwähnungeines einzelnen Privatspit als in einer Gesetzesnovelle ist tatsächlich ungewöhnlich und dürfte dem Einfluss derFPÖ zuzuschreiben sein. Doch ganz so einfach ist die turbulente Geschichte, die 2008 begann, dann doch nicht.
***
Der renommierte Wiener Frauenarzt Univ. Prof. Peter Hernuss hatte seine Privatklinik Döbling verkauft. Der Versuch, das erfolgreicheGeschäfts modell mit der Gründung der Privatklinik Währing zu wiederholen, scheiterte jedoch.
Hernuss kam mit seiner neuen Klinik nicht in denPrikrafhi nein. Damit erhielt er keinen Zugang zu Sozial versi ch erungs geldern und zur Direkt verrechnung mit den privaten Krankenversiche- run gen. Die Patienten mussten für Operationen und Aufenthalt Vorauskasse leisten–oft beträchtliche Beträge. Belegs ärzte und Patienten mieden die Adresse.
Die Klinik mit 20 Betten und zwei Operationssälen beschränkte sich daher auf Schönheitsoperationen, die weder von der Sozialversicherungnochvondenprivaten Kassen finanziert werden. Die Auslastung dümpelte bei 30 Prozent. Hernuss schoss aus seinem Privatvermögen noch erkleckliche Mittel zu, doch 2011 war die Insolvenz mit mehr als sieben Millionen Euro Schulden nicht mehr zu verhindern.
***
Da wurde Grubmüller auf die Klinik aufmerksam. Er war reich geworden durch den Verkauf seiner britischen Firma The Global Dra wanden US-Glücksspielkonz er nScientific, einer der drei Gaming-Weltmarktführer. Der Deal brachte ihm 154 Millionen Euro.
Für 12 Millionen Euro kaufte Grubmüller das Spital aus der Konkursmasse heraus. Ihm schwebte der Ausbau zu einer der modernsten Kliniken Europas vor. Daraus wurde allerdings nichts. Denn auch ihm blieb der Prikraf verschlossen.
Die Begründung: Da das Gesamtbudget für den Fonds nicht aufgestocktwurde, würden die anderen Mitglieder weniger aus dem Topf bekommen. Hätte man den Fonds aufgemacht, hätten außerdem öffentliche Spitäler Teile privat ausgegliedert, umsic haus demPrikraf zusätzliche Gelder zu holen.
Ein erbitterter Rechtsstreit begann. Die Klinik hätte einen Vertrag mit dem Hauptverband der Sozial versicherungsträger und der Wirt schafts kammer gebraucht. Der Fall ging bisz um Verfassungs gerichtshof. Kein Rechtsanspruch, entschieden die Verfassungshüter. DerEintrittin den Club könne nicht erzwungen werden. Bei der Wettbewerbs behörde und der EU-Kommission blitzte Grubmüller ebenfalls ab.
Auch das private Ambulatorium MedAlp begehrte bei den Höchstrichtern erfolglos Einlass in den Klub.
***
„Wir kontaktierten alle Parteien, vom damaligen Sozialminister Hundstorfer über die ÖVP und Alexander Van der Bellen bis zu den Neos“, erinnert sich der Anwalt und Bruder Helmut Grubmüller im Gespräch mit dem KURIER.
Um die Klinik nicht leer stehen zu lassen, wurde ein Teil an Artur Worseg verpachtet. Der mit Strache freundschaftlich verbundene Schönheit schirurgwur de einer breiteren Öffentlichkeit durch die groteske Puls-4- Dokusoap „Endlich schön“bekannt.
Strache sprang auf das Thema auf und wetterte 2017 in einer Pressekonferenz mit Walter Grubmüller über „Korruption im Gesundheitswesen“, die „skandalöse Diskriminierung einer Privatklinik“und einen „Sumpf im Dunstkreis der ÖVP“.
Mit dem strafrechtlich schweren Vorwurf der Korruptionwurde nicht zimperlich umgegangen. In einem zeitgerecht im Nationalrats wahlkampf im Internet erschienen Buch mit dem Titel„ÖVP– Hab er er“attackierte Grub müller Wirt schafts kammer und Partei.
Er fühle sich betrogen und bestohlen, schreibt von organisierter Kriminalität und resümiert: „Eine neue türkise Farbe wird an den alten Verhaberungen nichts ändern.“DasWerkwurdean alle Nationalrats abgeordnete verschickt.
Viel Fett bekommt auch Julian Hadschieff ab. Der ehemalige Eisschnellläufer ist Chef der PremiQaMed Group, der Privatspitäler der UNIQA-Versicherung. Und in der Wirtschaftskammer Obmann der Gesundheitsbetriebe.
Hadschieff habe sogar versucht, ihm die Klinik billig abzukaufen, schimpft Grubmüller. Stimmt so nicht, kontert eine Sprecherin der PremiQaMed. Grubmüller habe wiederholt Verkaufsinteresse bekundet und mit mehreren potenziellen Interessenten, darunter auch PremiQaMed, erfolglos Vorgespräche geführt.
***
In Spitalskreisen kursieren Gerüchte, russischeInvestorenhätten Kapital in die Vienna International Medical Clinic gepumpt, die Betreibergesellschaft des Spitals. Die Immobilie gehört den zwei Grubmüller-Kindern.
„Immer wieder haben Investoren, nicht nur russische, Interesse bekundet “, sagt dazu Anwalt Grubmüller. Doch wenn es darauf angekommen sei, hätten sich die Angebote „nicht in der Nähe der Realität bewegt. Auchö st err ei chi sc he Ärzteha ben sich die Klinik angeschaut, aber es blieb nur beim unverbindlichen Anschauen“.
Bis heute ist das Spital ein Defizitgeschäft. Das soll sich nun ändern. Man wolle die Klinik medizinisch breiteraufstellen und damit Eingriffe auch über denPrikraf abrechnen können. „Wir hoffen, dass die Ausweitung eine wesentliche Verbesserung der finanziellen Situationbringt“, erklärtder Anwalt.
Sozialversicherungsexperten schätzen, dass für Währing 2019 aus dem Prikraf rechnerisch 2,2 Millionen zur Verfügung stehen. Wird die gesamte Summe abgerufen, wären das 110.000 Euro pro Bett. Der durchschnittliche Aufwand des Fonds pro Bett über alle Mitglieder gerechnet liegt für heuer bei 53.700 Euro. Grubmüller freilich bezweifelt diese Berechnungen.