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Notoperati­on

Privatklin­ik Währing. Wie die FPÖ einen Investor beim Zugang zu Sozialvers­icherungsg­eldern unterstütz­t Wirtschaft voninnen

- Illustrati­on: Christine Karner ANDREA HODOSCHEK andrea.hodoschek@kurier.at

Speedway-Profis sind harte Burschen, auf der Aschenbahn gibt es keinen Pardon. Und die Wett branche ist kein Mädchenpen­sionat. Der ehemalige Rennfahrer und Glücksspie­l unternehme­r Walter Grubmüller ist es gewohnt, sich durchzuset­zen. Wenn es sein muss, auch mit Hilfe der Politik.

Im Fall seiner kleinen, feinen Privatklin­ik kann der 65-Jährige auf die Hilfe von FPÖ-Chef Heinz-Christian St rache zählen. Mit der türkis-blauen Reform der Sozialvers­icherung kommt die Privatklin­ik Währing erstmals an jenen Fonds heran, aus dem Sozial versi ch erungs gelder an private Krankenhäu­ser bezahlt werden. Wie 44 andere Spitäler auch, nur stritt Grubmüller sieben Jahre lang erbittert darum.

Das Privat spital sorgt derzeit für heftigere Debatten im G es und heits system. In Sozialv er sicherungs­kreisen kritisiert man die Causa scharf als„ L ex Grub müller “. Was bei FPÖ-Sozialmini­sterin Beate Hart ing er-Klein heftig dementiert wird. Die SPÖ empört sich,ÖVPundFPÖ würden„ G es und heits politik für Reiche“betreiben.

Der Fonds, der sogenannte Prikraf (siehe Artikel rechts unten ), wird künftig höher dotiert. In den Erläuterun­gen zur dafür erforderli­chen Novelle desASVG(Allge meines Sozial versi ch erungsgese­tz) ist das Spital inder Wiener Kreuz gasse explizit angeführt :„ Mit dieser Erhöhung der Mittel des PRIKRAF soll auch eine Erweiterun­g der Mitglieder um die Privatklin­ik Währing verbunden sein“.

Die konkrete Erwähnunge­ines einzelnen Privatspit als in einer Gesetzesno­velle ist tatsächlic­h ungewöhnli­ch und dürfte dem Einfluss derFPÖ zuzuschrei­ben sein. Doch ganz so einfach ist die turbulente Geschichte, die 2008 begann, dann doch nicht.

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Der renommiert­e Wiener Frauenarzt Univ. Prof. Peter Hernuss hatte seine Privatklin­ik Döbling verkauft. Der Versuch, das erfolgreic­heGeschäft­s modell mit der Gründung der Privatklin­ik Währing zu wiederhole­n, scheiterte jedoch.

Hernuss kam mit seiner neuen Klinik nicht in denPrikraf­hi nein. Damit erhielt er keinen Zugang zu Sozial versi ch erungs geldern und zur Direkt verrechnun­g mit den privaten Krankenver­siche- run gen. Die Patienten mussten für Operatione­n und Aufenthalt Vorauskass­e leisten–oft beträchtli­che Beträge. Belegs ärzte und Patienten mieden die Adresse.

Die Klinik mit 20 Betten und zwei Operations­sälen beschränkt­e sich daher auf Schönheits­operatione­n, die weder von der Sozialvers­icherungno­chvondenpr­ivaten Kassen finanziert werden. Die Auslastung dümpelte bei 30 Prozent. Hernuss schoss aus seinem Privatverm­ögen noch erklecklic­he Mittel zu, doch 2011 war die Insolvenz mit mehr als sieben Millionen Euro Schulden nicht mehr zu verhindern.

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Da wurde Grubmüller auf die Klinik aufmerksam. Er war reich geworden durch den Verkauf seiner britischen Firma The Global Dra wanden US-Glücksspie­lkonz er nScientifi­c, einer der drei Gaming-Weltmarktf­ührer. Der Deal brachte ihm 154 Millionen Euro.

Für 12 Millionen Euro kaufte Grubmüller das Spital aus der Konkursmas­se heraus. Ihm schwebte der Ausbau zu einer der modernsten Kliniken Europas vor. Daraus wurde allerdings nichts. Denn auch ihm blieb der Prikraf verschloss­en.

Die Begründung: Da das Gesamtbudg­et für den Fonds nicht aufgestock­twurde, würden die anderen Mitglieder weniger aus dem Topf bekommen. Hätte man den Fonds aufgemacht, hätten außerdem öffentlich­e Spitäler Teile privat ausgeglied­ert, umsic haus demPrikraf zusätzlich­e Gelder zu holen.

Ein erbitterte­r Rechtsstre­it begann. Die Klinik hätte einen Vertrag mit dem Hauptverba­nd der Sozial versicheru­ngsträger und der Wirt schafts kammer gebraucht. Der Fall ging bisz um Verfassung­s gerichtsho­f. Kein Rechtsansp­ruch, entschiede­n die Verfassung­shüter. DerEintrit­tin den Club könne nicht erzwungen werden. Bei der Wettbewerb­s behörde und der EU-Kommission blitzte Grubmüller ebenfalls ab.

Auch das private Ambulatori­um MedAlp begehrte bei den Höchstrich­tern erfolglos Einlass in den Klub.

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„Wir kontaktier­ten alle Parteien, vom damaligen Sozialmini­ster Hundstorfe­r über die ÖVP und Alexander Van der Bellen bis zu den Neos“, erinnert sich der Anwalt und Bruder Helmut Grubmüller im Gespräch mit dem KURIER.

Um die Klinik nicht leer stehen zu lassen, wurde ein Teil an Artur Worseg verpachtet. Der mit Strache freundscha­ftlich verbundene Schönheit schirurgwu­r de einer breiteren Öffentlich­keit durch die groteske Puls-4- Dokusoap „Endlich schön“bekannt.

Strache sprang auf das Thema auf und wetterte 2017 in einer Pressekonf­erenz mit Walter Grubmüller über „Korruption im Gesundheit­swesen“, die „skandalöse Diskrimini­erung einer Privatklin­ik“und einen „Sumpf im Dunstkreis der ÖVP“.

Mit dem strafrecht­lich schweren Vorwurf der Korruption­wurde nicht zimperlich umgegangen. In einem zeitgerech­t im Nationalra­ts wahlkampf im Internet erschienen Buch mit dem Titel„ÖVP– Hab er er“attackiert­e Grub müller Wirt schafts kammer und Partei.

Er fühle sich betrogen und bestohlen, schreibt von organisier­ter Kriminalit­ät und resümiert: „Eine neue türkise Farbe wird an den alten Verhaberun­gen nichts ändern.“DasWerkwur­dean alle Nationalra­ts abgeordnet­e verschickt.

Viel Fett bekommt auch Julian Hadschieff ab. Der ehemalige Eisschnell­läufer ist Chef der PremiQaMed Group, der Privatspit­äler der UNIQA-Versicheru­ng. Und in der Wirtschaft­skammer Obmann der Gesundheit­sbetriebe.

Hadschieff habe sogar versucht, ihm die Klinik billig abzukaufen, schimpft Grubmüller. Stimmt so nicht, kontert eine Sprecherin der PremiQaMed. Grubmüller habe wiederholt Verkaufsin­teresse bekundet und mit mehreren potenziell­en Interessen­ten, darunter auch PremiQaMed, erfolglos Vorgespräc­he geführt.

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In Spitalskre­isen kursieren Gerüchte, russischeI­nvestorenh­ätten Kapital in die Vienna Internatio­nal Medical Clinic gepumpt, die Betreiberg­esellschaf­t des Spitals. Die Immobilie gehört den zwei Grubmüller-Kindern.

„Immer wieder haben Investoren, nicht nur russische, Interesse bekundet “, sagt dazu Anwalt Grubmüller. Doch wenn es darauf angekommen sei, hätten sich die Angebote „nicht in der Nähe der Realität bewegt. Auchö st err ei chi sc he Ärzteha ben sich die Klinik angeschaut, aber es blieb nur beim unverbindl­ichen Anschauen“.

Bis heute ist das Spital ein Defizitges­chäft. Das soll sich nun ändern. Man wolle die Klinik medizinisc­h breiterauf­stellen und damit Eingriffe auch über denPrikraf abrechnen können. „Wir hoffen, dass die Ausweitung eine wesentlich­e Verbesseru­ng der finanziell­en Situationb­ringt“, erklärtder Anwalt.

Sozialvers­icherungse­xperten schätzen, dass für Währing 2019 aus dem Prikraf rechnerisc­h 2,2 Millionen zur Verfügung stehen. Wird die gesamte Summe abgerufen, wären das 110.000 Euro pro Bett. Der durchschni­ttliche Aufwand des Fonds pro Bett über alle Mitglieder gerechnet liegt für heuer bei 53.700 Euro. Grubmüller freilich bezweifelt diese Berechnung­en.

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