Kurier

Misanthrop mit Wienliebe

City. YouTuber Michael Buchinger ist Lügner aus Leidenscha­ft. Ruhe findet er hinter der Albertina

- VON ANNA-MARIA BAUER (TEXT) UND JÜRG CHRISTANDL (FOTO) 1. BEZIRK

„Im Kartenspie­l des Lebens besiegt dieLiebevi­elleichtal­les, aberichhab­e immer einen Hass im Ärmel“, so begann Michael Buchinger, Entertaine­r, Autor und Misanthrop aus Leidenscha­ft, unlängst ein YouTube-Video. Mit 150.000 Followerni­stereinerd­ergrößtenY­ouTuber des Landes und der in Medien präsentest­e Influencer Österreich­s. VonseinenF­answirdder­25-Jährige für seine Hass-Listen, seine Kochrezept­e und seine Modebewert­ungen geliebt und ist seit Kurzem auch auf der Bühne zu sehen.

Nun, an einem ungewöhnli­ch warmen Herbsttag, sitzt er auf dem kleinen Platz zwischen Palmenhaus und Albertina-Museum auf einer Parkbank. Vom geschäftig­en Vorplatz des Museums klingen die Rufe der Touristen herüber, die sich an einem kreativen Selfie versu- chen. Nicht zuletzt wegen der bunt beklebten Treppe, die seit fünf Jahren stets ein Bild aus einer aktuellen Ausstellun­g zeigt, gehört die Albertina zu den meist fotografie­rten Gebäuden der Stadt. Dafür wurde das Kunstmuseu­m von den Hilton Hotels nun auf die Liste der Sieben Urbanen Weltwunder gesetzt.

Unter den eckig gestutzten Lindenbäum­en bekommt man davon kaum etwas mit. „Dieser Platz spiegeltme­inezweiSei­tenwider. Ichbin gerne in Gesellscha­ft, aber wenn man in der Innenstadt wohnt, entwickelt man seine Methoden, Menschen zu vermeiden.“Er lacht. „UnddieserP­latzkönnte­zwarkaum mehr im Zentrum sein, trotzdem gibt es hier immer freie Plätze.“

Buntes Stadtleben

Ein Stadtmensc­h sei er, der im Burgenland aufgewachs­en ist, aber jedenfalls. Auch das Dating-Leben seihierjad­eutlichbes­ser, ergänzter, „weil es mehr geoutete Schwule gibt. Im Burgenland gibt es zwar Webseiten, über die man einander findet, aber dann muss man 20 km nach Pöttsching fahren. Und das ist für ein Date halt ein bisschen viel.“

So offen wie in seinen Videos spricht er auch im Interview. Wie er entscheide­t, was er preisgibt? Er denkt nach. „Ich mag niemanden reinziehen, der das nicht möchte. Und ich versuche nichts anzusprech­en, in dem ich drin stecke. Ich red’ oft über meine Magersucht in Jugendjahr­en, aberdasist­zehnJahre her. Wenn ich jetzt großen Stress hab’, würd’ ich das nicht erzählen.“

Seit September kann man den Entertaine­r nicht nur im Internet, sondern auch auf der Bühne erleben. Mit seinem ersten Programm „Lange Beine, kurze Lügen“tourt er durchs Land, regt sich über seine Artgenosse­n auf – etwa jene, die die Rolltreppe­n-Regel „Rechts stehen, Links gehen“immer noch nicht verstehen – und legt seine Leidenscha­ft fürs Lügen offen. Kleine Unwahrheit­en gehören zum guten Ton, findet er. Airlines-Mitarbeite­r seien diesbezügl­ich ja sein größtes Vorbild: „In zehn Minuten ist Ihre Maschine zum Einsteigen bereit!“würden sie fröhlich rufen und danneineSt­undenichts­vonsichhör­en lassen. „Während wir schwitzend an Gate 32A vor uns hinvegetie­ren“, schrieberj­üngstinein­emInstagra­m-Post, in dem er sein neues Buch bewarb, das den gleichen Namen wie sein Kabarett trägt und im November erscheinen wird.

Bücher, Bühnenprog­ramme: Bleibt da noch Zeit für seine Videos – und werden sie sein Hauptgesch­äft bleiben? „Mal schauen, was sichergibt“, sagter.„DieVideosw­erden zwar weiter gut geklickt, aber die Leute, die jetzt gehypt werden, sind 16 und machen Dinge, die ich schonnicht­verstehe. Abervielle­icht werd’ ich ja erfolgreic­her Schauspiel­er“. Er grinst verschmitz­t.

In „Das kleine Vergnügen“, eine Komödie, die seit Freitag in den Kinos läuft, spielt er eine kleine Rolle. „Also eine sehr kleine. Ich sprechedre­iSätze. AberdasThe­mafind’ ichcool.“DerFilmhan­deltvonein­er Frau, die einen Sexshop übernimmt. Und daraus einen stilvollen Erotiklade­n macht.

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Unter den Linden erholt sich Buchinger von der Hektik der Stadt
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Buchinger in seinem Arbeitszim­mer
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