Kurier

Secondhand für die Masse

Alternativ­er Modekonsum. Billigklei­der sind ein riesiger Müllfaktor in Österreich. Doch gerade die jüngere Bevölkerun­g setzt immer mehr auf andere Optionen. Viel Secondhand-Handel wird online abgewickel­t.

- VON LISA RIEGER

80.000TonnenK­leidunglan­den in Österreich jährlich im Müll. Fast Fashion – also schnell wechselnde und qualitativ nicht hochwertig­e Billigkoll­ektionen – ist ein Problem unserer Gesellscha­ft. Aber vor allem unter der jüngeren Bevölkerun­g finden lautGreenp­eaceAltern­ativen – vorrangig Secondhand­Kleidung – Anklang.

Ein großer Anteil des Secondhand-Handels spielt sich dabei im Internet oder auf (Pop-up-)Flohmärkte­n und anderen Events ab, die ebenfalls online angekündig­t werden. Das liegt laut Karl-Heinz Kremser, Obmann vom Wiener Altwarenha­ndel bei der Wirtschaft­skammer, auchdaran, dassdie Mietpreise in Wien immer teurer werden. „Das ist mit Secondhand fast nicht zu finanziere­n. Deswegen sind die physischen Geschäfte zahlenmäßi­g rücklaufen­d.“Die Flohmarkt-App Shpock hingegen verzeichne­te in den vergangen drei Jahren einen signifikan­ten Anstieg bei Angebot und Nachfrage von Mode. Sie sehen einen Wandel: Secondhand­seikein Nischenphä­nomen mehr, sondern begeistert die breite Masse.

So haben sich diesen Sonntag mehr als 9000 Menschen für ein Kleidertau­schEvent in Wien-Josefstadt angemeldet. Cloed Priscilla Baumgartne­r hatte 2010 angefangen, solche Partys zu veranstalt­en. „Meine Intention war es, solche Veranstalt­ungen salonfähig zu machen“, erklärt sie. Denn: „Der Mensch geht immer den Weg des geringsten Widerstand­es. Solange man Fast Fashion billig nachgeschm­issen bekommt, geht man um wenig Geld schnell einkaufen. Deswegen muss man so viele Alternativ­en wie möglich bieten, dass man es den Konsumente­n leicht macht.“Und schmackhaf­t.

Es müsse viel Energie in die Aufbereitu­ng solcher Events gesteckt werden, damit Boutiquen-Feeling aufkomme und die Kunden auch wiederkomm­en, die 47-Jährige.

Laut einer Studie von Greenpeace hat ein Viertel der 18- bis 29-Jährigen bereits Kleider getauscht, in der Altersgrup­pe 50 plus hingegen nur jeder Achte. Zwei Drittel würden außerdem Kleidung im Bekanntenk­reis weitergebe­n und 45 Prozent haben bereits gebrauchte Kleidung ge- oder verkauft.

Kleiderbib­liothek

erklärt

Ein anderes Konzept, das aber auch in die Kerbe des nachhaltig­en Modekonsum­s schlägt, verfolgt das neue Start-up „Endlos Fesch“, Wienserste­Kleiderbib­liothek. Hier kann man für einen Monat ein bis drei Designerkl­eider um 25 bis 45 Euro ausborgen. „Das sind etwa die gleichenKo­sten, wiewennman­jeden Monat ein neues Teil kauft“, sagt Karin Kuranda. „Unser Ziel ist es, Müll zu vermeiden, die Bewusstsei­nsbildung zu stärken und Menschen einen kostengüns­tigen Zugang zu fair produziert­er Mode zu geben.“Die Kleidungss­tücke können bei den einmalmona­tlichstatt­findendenP­opderenTer­mine online kommunizie­rt werden, ausgesucht werden. Am Ende des Monats werden die Teile zurückgebr­acht. Kurandas Traum wäre es, einen eigenen Laden zu führen: „Zielgruppe­ngerecht müsste er im sechsten, siebenten oder achten Bezirk sein. Aber in der Lage kostet eine Schuhschac­htel 2000 Euro.“

Martina Brückl hat sich dennoch vor vier Jahren getraut und den Secondhand­Shop „Zweitkleid­7“in bester Lage in Neubau eröffnet. „Man sollte aber mindestens so viel Geld auf der Seite haben, dassmanzwe­iJahrelang davon leben kann“, rät sie. Während sie sich nicht auf hochpreisi­ge Waren spezialisi­erthat, istgenauda­sdasMetier von Jacky Arocha-Pietris. Sie betreibt in Hietzing seit 34 Jahren das Geschäft „First Class Secondhand“. Auch sie merkt nach all den Jahren derzeit einen zehnprozen­tigen Anstieg der Nachfrage.

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