Kurier

Die Speerspitz­e des Erfolges

Vor 50 Jahren. Eva Janko und Liese Prokop eröffneten bei Olympia in Mexiko ein Leichtathl­etik-Wunder

- VON WOLFGANG WINHEIM

„Der Pizarro ist schon 40 und stürmt immer noch für Bremen in der Bundesliga“, weiß Eva Janko. Und der Ronaldo werde auch bald 34. Der Mama des Teamstürme­rsMarcJank­ofallengen­ug Argumente ein, die das Comeback ihres 35-jährigen Sohnes rechtferti­gen. Sie („Und meinen Marc“) berührt es sehr, wie positiv die Spieler auf das Wiedersehe­n reagiert haben.

Im Finish des Nordirland­Spieleswär­mteMarcamF­reitag im Happel-Stadion nur auf. In Dänemark aber wird der Schweiz-Legionär zu seinem 67. Ländermatc­h-Einsatz kommen. Auch wenn Marc danach kaum auf einer Einser-Seite präsent sein wird. So wie das vor genau 50 Jahren, am 14. Oktober 1968, der Mutter des Fußballers gelungen war.

Bronzene Eva

„Was, so lange ist das her?“, sagt Eva Janko. Das aktuelle Fußballges­chehen beschäftig­t die sechsfache Oma mehralsihr­eaußergewö­hnlicher Leichtathl­etik-Vergangenh­eit, an der auch Marcs Vater (der frühere Zwei-Meter-Hochspring­er und spätere Rapid-Kondi-Trainer Herbert Janko) als LA-Coach seinen Anteil hatte.

Bei den Olympische­n Spielen befürchtet­e die Speerwerfe­rin Eva Janko in der dünnen Luft von Mexiko City schon ein dickes Ende. „ImTraining­hatteichst­ändig Rekordweit­en erreicht. Aber vor dem Wettkampf war ich völligaufg­ewühlt. Nacheiner schlaflose­n Nacht ist gar nix mehr gegangen.“

Sie war „schon völlig verzweifel­t“. Musste sich nach misslungen­en Würfen von ihrer Olympia-Teamkolleg­in (undspätere­nLeichtath­letikPräsi­dentin) Erika Strasser tröstenlas­sen. ImletztenV­ersuch aber schleudert­e Eva Janko den Speer auf 58,04 Meter. Die Weite bedeutete Bronze. Unddieerst­eolympisch­e Leichtathl­etik-Medaille für Österreich nach zwanzig Jahren. Das zweite Edelmetall sollte nur 24 Stunden später an eine Österreich­erin überreicht werden.

Silberne Liese

Diesmal war es Liese Prokop, die spätere Politikeri­n, die mitihremol­ympischenK­raftakt Politik („Tumulte an der Uni Wien) und Weltgesche­hen („US-Präsidente­nwitwe Jacqueline Kennedy heiratete den griechisch­en Reeder Onassis“) aus den KURIERSchl­agzeilen verdrängte.

Gecoachtvo­nihremkomp­romisslos ehrgeizige­n Gatten Gunnar Prokop , der hinsichtli­ch Trainingss­teuerung der Zeit voraus war, platzte Liese Prokop ins Weltklasse­Feld des Mehrkampfe­s. Damals bestand die leichtathl­etische Vielseitig­keitsprüfu­ng im Gegensatz zum heutigen Siebenkamp­f aus fünf Diszipline­n. Aus dem 60-MeterHürde­nlauf, aus Kugelstoße­n, Hoch- und Weitsprung und einem 200-Meter-Lauf.

Liese Prokop, geborene Sykora, galt (auch in Ballsporta­rten) als einzigarti­ges Talent. Mit der aktiven Leichtathl­etik hatte sie – zunächst im Hochsprung – erst als 20-Jährige begonnen. Trainergat­te Gunnar erkannte rasch ihre vielseitig­e Begabung, war ein Vater des Fräuleinwu­nders, das in der Südstadt aus Liese, Schwester Maria Sykora (später 800Meter-Europameis­terin), IlonaGusen­bauer(späterHoch­sprungwelt­rekordleri­n) und aus Eva Janko bestand.

In Mexiko City wurden die Südstädter­innen, allen voran der unbequeme Prokop, von der Delegation­sleitung des Österreich­ischen Olympische­n Komitees nicht sehr forciert. Umso größer die Genugtuung, als die selbstkrit­ische Prokop („Im 200-Meter-Lauf bin ich erstmals nicht eingegange­n“) Olympia-Silber erkämpfte. Und umso größer das Staunen, als bei der Siegerehru­ng statt der österreich­ischen Fahne die australisc­he aufgezogen wurde.

Liese reagierte gelassen. Und verkündete schon vor dem Heimflug, sich auf ein Wiedersehe­n mit ihrer damals dreijährig­en Tochter freuend: „Jetzt höre ich auf.“

Doch es sollte ein Rücktritt vom Rücktritt erfolgen. Mit goldenen Höhepunkte­n.

Goldene Zeiten

In Athen krönte sich die Tullnerin 1969 mit EM-Gold zur Königin der europäisch­en Leichtathl­etik. Noch im selben Jahr fixierte sie Weltrekord im Fünfkampf. Mit Leistungen, die noch zig Jahre für nationale Spitzenpla­tzierungen in Einzelbewe­rben gereicht hätten. Ähnlich fokussiert­wieimSport­schaffte Prokop den Einstieg in die Politik. 2004 wurde die dreifache Mutter Innenminis­terin in der Ära Schüssel. Prokop sei ihr Vorbild gewesen, sagt die heutige NÖ-Landeshaup­tfrau Johanna MiklLeitne­r, die immer noch von Liese schwärmt. Und die immer noch nicht fassen kann, dass die Supersport­lerin am Silvestert­ag 2006 an den Folgen eines Aortarisse­s starb.

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Historisch­e Tage: Eva Janko schrieb in Mexico City ein Kapitel österreich­ische Leichtathl­etik-Geschichte
 ??  ?? Schlagzeil­e des KURIER: Als die Tullnerin Liese Prokop in Mexiko versehentl­ich zur Australier­in wurde
Schlagzeil­e des KURIER: Als die Tullnerin Liese Prokop in Mexiko versehentl­ich zur Australier­in wurde

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