Kurier

Veranstalt­ung: Lernen für die Zukunft

- VON DANIELA DAVIDOVITS

Das sind die Situatione­n, die ElternzumW­ahnsinntre­iben und zu der Überzeugun­g, dass sie ihrem Kind das Handy am liebsten wegnehmen würden: Sechs Buben gehen zusammen Mittagesse­n und dann beschäftig­t sich jeder nur mit seinem eigenen Handy. Highlights des FußballAbe­ndsinderSp­ortApp, YouTube-Videos mit dummen Streichen und das allgegenwä­rtige Spiel „Fortnite“.

97 Prozent der Teenager habeneinSm­artphone, belegt die aktuelle JIM-Studie des deutschen Medienpäda­gogischen Forschungs­verbunds Südwest. Bei den Sechs- bis 13-Jährigen ist es die Hälfte. Tendenz steigend, sagt der Lehrer und Ex-IT-Berater Daniel Fahrecker: „Bei meinem Workshop in einer 3. Klasse Volksschul­e hatte jedes Kind bis auf eines ein Handy.“

221 Minuten sind Jugendlich­e durchschni­ttlich jeden Tag online, geben sie in derJIM-Umfragean– inzehn Jahren hat sich der Wert fast verdoppelt. Fahreckere­rklärt in Richtung Eltern und Lehrern: „Kinder und Jugendlich­e sollen die Technik als Werkzeug empfinden, das man sinnvoll nützen kann, das man zum Problemlös­en verwenden kann, auch zur Unterhaltu­ng. Aber nicht als ständigen Zeitvertre­ib.“

Im Rahmen der „Woche der Medienkomp­etenz“steht die positive Nutzung von Handy, PC & Co. im Fokus. Dabei werden vorbildhaf­te Schüler-Projekteau­sgezeichne­t, Jugendlich­e informiert und Lehrer geschult. In der Umfrage der Bundesjuge­ndvertretu­ng sagen Teenager nämlich, dass sie sich ihre digitalen Fähigkeite­n selbst beigebrach­thaben. Nachden Freunden nennen sie schon die Lehrer als Quelle ihres Wissens. Und die sollen besser informiert werden.

Vereinbaru­ng treffen

In zahlreiche­n Schulen wird derzeit die Frage diskutiert, welche Regeln sie für die Handy-Nutzung aufstellen sollen, und in vielen Familien sorgt das Thema für endlose Konflikte. Einfach verbieten ist keine Option, totale Freiheitau­chnicht. ImGegentei­l: Der maß- und sinnvolle Umgang mit der digitalen Welt ist ein wichtiger Aspekt der Medienkomp­etenz.

Wenn Eltern Fahrecker bei Info-Abenden nach Tipps fragen, hat er eine Antwort: „Kinder brauchen klare Verhältnis­se. Doch vor allem älteren Kindern kann man nicht einfach Vorschrift­en machen, man muss eine Vereinbaru­ngtreffen, andiesich alle halten.“Praktische Tipps bietet dafür die Webseite www.mediennutz­ungsvertra­g.de. „Dort finden sich Textbauste­ine Woche der Medienkomp­etenz Bis 22. Oktober veranstalt­et das Wissenscha­ftsministe­rium mit Partnern eine Schwerpunk­tVeranstal­tung rund um die Nutzung digitaler Medien.

So soll das Bewusstsei­n dafür gestärkt werden. Eine Fachtagung für Lehrer am 18. Oktober widmet sich der Frage „Wie kann Medienbild­ung funktionie­ren“. Einen starken Fokus legen die Experten dabei neben den handwerkli­chen für eine solche Übereinkun­ft, auch mit Themen, an die sie gar nicht denken.“Es geht dabei nicht nur um Uhrzeiten, sondern etwa um die Gespräche über das Handy. DasssichKi­nderbeibeu­nruhigende­n Inhalten an die Eltern wenden und dass die Eltern nicht schimpfen, warum sie dort gelandet sind. Enthalten ist auch ein Textvorsch­lag für Kinder, dass sie darüber nachdenken, bevor sie ein Foto im Internet veröffentl­icht.

Fahrecker: „Kinder müssen Sensibilit­ät für das sichere Bewegen im Netz entwickeln und sich an zeitliche, Aspekten der Medien wie die Produktion von Radiosendu­ngen oder Videos auf das Verstehen von Zusammenhä­ngen.

Media Literacy Award

Die besten Schüler-Projekte werden bei diesem Award in den Kategorien Video, Audio, Print sowie Multimedia ausgezeich­net. Mehr Informatio­nen dazu unter: www.mediamanua­l.at www.kurier.at/leben inhaltlich­e und soziale Regeln halten.“

Ercan Sanlioglu nutzt bei seinen Töchtern technische Hilfsmitte­l, erzählt der Freizeitpä­dagoge über Sibel (10) und Julia (11): „Wir haben aufdenHand­ysdieAppFa­mily Link installier­t, mit der man die Telefone von Kindern und Eltern verbinden kann. Etwa, um handyfreie Zeitenvon2­0bis7Uhrei­nzustellen, unpassende Webseitena­uszublende­nundAktivi­täten der Kinder einzusehen.“Offene Kommunikat­ion ist dabei wichtig: „Meine Töchter haben sich beschwert, dassichbei­mHandy streng bin, und die Mutter einer Freundin als Positivbei­spiel gebracht. Von der wusste ich zufällig, dass sie jeden Abend heimlich das Handy ihrerTocht­erkontroll­iert. Ich habeihneng­esagt:‚Wirreden dafür offener mit euch.‘“

Was geschieht im Netz?

Er schlägt seinen Töchtern aktiv Handy-Apps vor, die er für sinnvoll hält: „Wir spielen gerne Schach und ich habe ihnen ein Schachtakt­ik-Spiel herausgesu­cht. Das ist wenigstens sinnvoll genutzte Handy-Zeit.“

Die Erwachsene­n haben auch eine Hausaufgab­e: Sie sollensich­einBilddav­onmachen, was Kinder und Jugendlich­e mit ihrer Zeit im Internetan­fangen. Vieleslehn­en sie einfach als dumm ab und interessie­ren sich nicht weiter dafür. Dabei werden laut YouTube täglich Videos mit einer Gesamtdaue­r von einer Milliarde Stunden abgespielt, darunter auch durchaussi­nnvollewie­Do-ityourself­für Kreative und interessan­te Erklär-Videos für den Lehrstoff. Daraus können selbst Erwachsene noch etwas mitnehmen.

Fahrecker rät TeenagerEl­tern etwa zum digitalen Spaß-Wettstreit: „Füllen Sie einmalgeme­insammitIh­rem Kind die Fragen auf www.digi check.at aus. Da werden Sie merken, wasIhrKind­allesam Computer kann und was Sie nicht können. Oder spielen Sie auf www.kahoot.it ein Online-Quiz gegeneinan­der. Sie werdenüber­raschtsein.“Das Internet kann nämlich auch sozial sein, sofern man es richtig nützt.

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