„Sinnes- und Kulturwandel“
Österreich ist im internationalen Wettbewerbsranking auf Platz 18 zurückgefallen
Liberaler Klub.
Franz Schellhorn, Manfred Haimbuchner, Peter Mitterbauer, Markus Marterbauer und Moderator Christian Horvath (v. li.) Wo steht Österreich heute im internationalen Vergleich? Ist das Land gut für die Zukunft aufgestellt? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Liberale Klub Mittwochabend im den Linzer Redoutensäalen.
Die Analyse von FPÖObmann und Landeshauptmannstellvertreter ManfredHaimbuchnerfiel relativ ernüchternd aus. Österreichs Systeme seien im internationalen Vergleich teuer. Er nannte als Beispiele den Gesundheitsbereich („wir haben extrem hohe Gesundheitsausgaben“) und die Bildung. „Hier gibt es viele Fehler im System.“Er bekannte sich zum differenzierten Schulsystem, „wir müssen die Attraktivität der verschiedenen Berufe heben. Ichwärefroh, wenn mein Sohn Otto eine Lehre beginnen würde.“Haimbuchner forderte in Bezug aufdieLehreunddieBerufe einen „Sinnes- und Kulturwandel. Der Satz zu Ju-
gendlichen, wenn Du die Schule nicht schaffst, machst halt eine Lehr’, hat so viel zerstört in diesem Land.“Arbeit sei etwas Sinnstiftendes, „wir müssen zu einer anderen Einstellung zur Leistung kommen. In den Schulen erfolgt eine falsche Bewusstseinsbildung. Wettbewerb ist etwas Notwendiges. Wie sollen wir sonst im internationalen Wettbewerb bestehen?“
Schuldenabbau
Franz Schellhorn, Leiter des Think Tank Agenda Austria, meinte, Österreichsei2005Spitzegewesen. Aber Österreich sei heute nicht mehr das bessere Deutschland. Österreich sei zurückgefallen und liege im internationalen Wettbewerbsranking auf Platz 18. Österreich er wirtschafte mehr als die Hälfte seines Wohlstands im Ausland, es fehle aber das Bewusstsein, woher derWohlstandkomme.Die Wirtschaftsleistung habe sich in den vergangenen
Jahrzehnten um den Faktor25erhöht, dieSchulden seien aber um das 125-Fachegestiegen, alsofünfmal stärker als die Wirtschaftsleistung. Das sei eines der Hauptprobleme. 20 Prozent oder ein Viertel des Budgets würden für Pensionsleistungen ausgegeben. Das sei einfach zu hoch.
Integration
Neben den Schulden nannte Schellhorn die Integration als Herausforderung. In Wien betrage der Anteil der Schüler mit nichtdeutscher Umgangssprache 62 Prozent, in Vorarlberg 32 Prozent, in Oberösterreich 25 Prozent.
Später in Pension
Schelling gab folgende Handlungsempfehlungen. ÖsterreichsolltedenHaushalt sanieren wie die SchweizerundeineAusgabenobergrenze einführen. Die Pensionen sollten wie in Schweden gesichert werden, wo das Pensions-
alter automatisch an das Lebensalter angepasst wird. Die Migranten sollten gefordert und gefördert werden wie in Dänemark. Diese müssen die Hälfte des Tages Dänisch lernen, die andere Hälfte erfahren sie eine praktische Ausbildung.
Weniger Beamte
Österreich sollte entbürokratisierenwiedieNeuseeländer. Auf dem Inselstaat wurde die Zahl der öffentlich Bediensteten um die Hälfte reduziert. Schelling: „Ein fauler Beamter ist mir lieber als ein fleißiger, denn Letzterer reguliert alles.“Und Österreich sollte digitalisieren wie die Esten.
Schellhorns Fazit: „Österreich hat eine hervorragende Ausgangsposition, wir müssen dorthin kommen, wo andere vergleichbare Länder längst sind. Dazu braucht es politischen Willen.“Im Bildungssystem gebe es wahnsinnig viel Luft nach oben. Das Pensionsalte r nicht zu erhöhen sei die größte Umverteilung von den Jungen zu den Alten. Um den Schuldenabbau wirklich voranzutreiben, gebe es wegen der niedrigen Kreditzinsen zu wenig Veränderungsdruck auf die Politik. Beim Budgetüberschuss sei deutlich mehr möglich gewesen, „dabinichenttäuscht“. Ein Urteil, das auch Markus Marterbauer, Leiter der Abteilung Wirtschaftswissenschaften in der Arbeiterkammer Wien, teilte („die Staatsschulden sollten rascher abgebaut werden“). Der Nationalökonom verwies auch darauf, dass die Hälfte der Schuldenzunahme seit 2008 der Rettung der Banken gedient habe. Die Gebühr für die Nachmittagsbetreuung in den Kindergärten lehnt er ab, weil dies kontraproduktiv für die Bildung und Integration der Migranten sei.
Der Industrielle Peter Mitterbauer forderte ein positiveres Bild der Unternehmer ein.