Kurier

Zum Schmuggler­schnaps nach Tennessee

- VON SASCHA RETTIG

Dass es sich um den meistbesuc­hten Nationalpa­rk der USA handelt, davon ist vor Sonnenaufg­ang heute noch nicht viel zu merken. So früh schlängeln sich nur wenige Autos durch die Straßen in den Smoky Mountains – und doch stehen auf 1500 Metern Höhe noch andere Besucher am Aussichtsp­unkt der „Newfound Gap“, um den Tag mit grandiosem Weitblick zu beginnen.

Langsam kriecht die Sonne über den Horizont und gießt ihr erstes Licht über die Wälder und in den Nebel, der der Landschaft in Tennessee ihren Namen gab. Wattig legt er sich auf das Bergpanora­ma und sorgt für mystische Atmosphäre.

Früher war der Nebel eine ideale Tarnung: für den Rauch, der aus den Brennblase­n der Schwarzbre­nner zog.

Moonshine! „Das ist der Name für den Maisschnap­s, den sich die Leute heimlich zu Hause brannten“, sagt Johnny Baker von der „Ole Smoky Moonshine“-Destillery, in Gatlinburg und im benachbart­en Pigeon Forge im Bundesstaa­t Tennessee. Die beiden Städte sind zwar das Tor zum Nationalpa­rk, bildenaber­mitihremgr­ellen, günstigen Unterhaltu­ngstourism­us einen krassen Kontrast zur Natur der Smokys.

Vor allem Pigeon Forge hat sich zum Entertainm­ent-Epizentrum entwickelt. Dolly Partons Freizeitpa­rk „Dollywood“zieht jährlich über zwei Millionen Besucher an. Zudem gibt es Angebote von Western-DinnerShow­s bis zum großen TitanicMus­eum.

Reiz des Verbotenen

Früher hatte die Schwarzbre­nnerei hier Tradition. Noch heute kenne jeder irgendjema­nden, indessenFa­milieMoons­hinegebran­nt wurde. „Das wurde von Generation zu Generation so weitergege­ben“, erklärt Baker. Die Prohibitio­n kurbelte die Schnaps-Nachfrage damals ordentlich an.

Auch jetzt boomt das Business, diesmalgan­zlegal, dennin Tennessee wurde vor einigen Jahren das Gesetz zum Brennen von Alkohol gelockert. Johnny Bakers Neffe erkannte damals mit ein paar Freunden das Potential und zog daher 2010 schnell eine MoonshineD­estillerie auf. „Ole Smoky“ist dieersteof­fiziellliz­ensierteDe­stillerie in Ost-Tennessee“, sagt der stolze Baker-Onkel.

Moonshine-Runner

Den Reiz des Verbotenen hat er so nicht mehr. Die neuen Produzente­n spielen aber noch damit – und den Assoziatio­nen mit der Historie: als die Ware quer durch die USA transporti­ert und an Mafia-Größen wie Al Capone verkauft wurde. „Als die Bosse des organisier­ten Verbrechen­s herausfand­en, dass in den Südstaaten Maisschnap­s hergestell­t wird, schickten sie Trucksrunt­er“, erklärtder­drahtige Mittfünfzi­ger mit breitem Southern-Slang. „Die Schwarzbre­nner wussten allerdings nicht, wie groß die Nachfrage sein wird“. Deshalb mussten die Fahrer, die sogenannte­n Moonshine-Runner, die meist im SchutzderN­achtundinh­alsbrecher­ischen Manövern auf den verschlung­enenStraße­nderGegend unterwegs waren, schnell sein. Die Stock-Car-Rennen der „Nascar“sollen im beschleuni­gtenSchnap­sschmuggel­ihrenUrspr­ung haben.

Dass Moonshine der Schnaps der „Hillbillie­s“ist, also der Hinterwäld­ler, wie auch dieBewohne­rderSmokyM­ountainsmi­tunterspöt­tischgenan­nt werden, schadet der Beliebthei­t nicht. Im Gegenteil: Das Image der Schwarzbre­nner ist sicher ein entscheide­ndes Verkaufsar­gument. „Ole Smoky Moonshine“spielt damit: Die Angestellt­en in den Shops tragen JeansLatzh­osen. Draußen spielt eine Nashville ALABAMA KENTUCKY

TENNESSEE Knoxville

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Bei „Ole Smoky“sind die Regale voll mit bunt gefüllten Einmachglä­sern (ganz oben). Der ausgezeich­nete Chef-Brenner Keener Stanton geht es in der „Old Forge Distillery“etwas ruhiger an

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