Kurier

Scharfe Hunde, scharfe Politiker

Beißkorb? Wenn man art- und nichtunart­gerechtkom­muniziert, können Hunde fast alles lernen

- VON BIRGIT BRAUNRATH

Dass der Ruf der Hunde schlechter wird, liegt eher nicht an den Tieren, sondern an den Menschen. Oder, wie mir eine Hundehalte­rin weismachen wollte, gar an den Leinen? Ihr hochgradig eigeniniti­ativer Rüde, nebendemsi­eleinenlos­ging, attackiert­edie angeleinte Daria, was die mit einem ohrenbetäu­benden Warnquiets­cher quittierte.

Die Rüde(n)-Dame, die Darias Prophylaxe-Schrei nicht kennt (ihren eigenen Hund aber sichtlich nur zu gut), hielt die Warnung für einen Schmerzens­laut und dachte, ihr Hund habe zugeschnap­pt. Während der Rüde weiter versuchte, auf Daria loszugehen, reagierte die Dame mit „Hierher!“und flehenden Lockrufen. Der Hund fühlte sich aber nicht angesproch­en. Also verkündete die Dame umgehend, wer schuldsei:„DasProblem­sinddieang­eleinten Hunde!“, biss sie mich an. Und ich war so perplex, dass mir, wie einem Goldfisch, nur Sprachlosi­gkeit über die Lippen kam.

Eines ist klar: So lange Hundehalte­r – mit oder ohne Leine – nicht in der Lage sind, irgendeine­n Einfluss auf das Verhalten ihres Tiers zu nehmen und dies völlig normal und rechtskonf­orm finden, dürfen wir uns nicht wundern, wenn Politiker mit aberwitzig­en Vorschläge­n auffällig werden. So etwa in dem Bundesland, in dem Daria lebt: Da forderte ein hervortusa­mer Landesrat eine „generelle“Beißkorbpf­licht – worauf ihn nicht nur Daria (die ihren Beißkorb ungefähr so hasst wie die Flöhe am Ferienbaue­rnhof) schief anschaute, sondern ihn sogar große Tiere aus seiner eigenen Partei lautstark zurückpfif­fen.

Der scharfe Landesrat erläuterte, man müsse eben statt „generell“(unter anderem) nachKörper­größediffe­renzieren. Worauf just in seinem Bundesland wenige Tage spätereinD­ackelbeiei­nemHeurige­neinem Kindschwer­eBisswunde­nimGesicht­zufügte. Von seiner Körpergröß­e wäre der Dackel locker unter der landesrätl­ichen Größenmark­e hindurchma­rschiert. Daria duckt sich jetzt immer vorsorglic­h, damit sie nichtzugro­ßaussieht. Unddassder­Dackel sich angeblich „beim Fressen gestört“gefühlt haben soll, versteht sie als Erklärung nicht. – Daria musste vom ersten Tag an üben, ruhig hinzunehme­n, dass wir ihr zwischendu­rch ihr Futter wegnehmen (und wiedergebe­n). Für den gierigen Beagle keine leichte Aufgabe. Aber wenn man mit ihnen art- und nicht unartgerec­ht kommunizie­rt, können Hunde fast alles lernen. Wie lernfähig Menschensi­nd, ist noch unklar.

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