Scharfe Hunde, scharfe Politiker
Beißkorb? Wenn man art- und nichtunartgerechtkommuniziert, können Hunde fast alles lernen
Dass der Ruf der Hunde schlechter wird, liegt eher nicht an den Tieren, sondern an den Menschen. Oder, wie mir eine Hundehalterin weismachen wollte, gar an den Leinen? Ihr hochgradig eigeninitiativer Rüde, nebendemsieleinenlosging, attackiertedie angeleinte Daria, was die mit einem ohrenbetäubenden Warnquietscher quittierte.
Die Rüde(n)-Dame, die Darias Prophylaxe-Schrei nicht kennt (ihren eigenen Hund aber sichtlich nur zu gut), hielt die Warnung für einen Schmerzenslaut und dachte, ihr Hund habe zugeschnappt. Während der Rüde weiter versuchte, auf Daria loszugehen, reagierte die Dame mit „Hierher!“und flehenden Lockrufen. Der Hund fühlte sich aber nicht angesprochen. Also verkündete die Dame umgehend, wer schuldsei:„DasProblemsinddieangeleinten Hunde!“, biss sie mich an. Und ich war so perplex, dass mir, wie einem Goldfisch, nur Sprachlosigkeit über die Lippen kam.
Eines ist klar: So lange Hundehalter – mit oder ohne Leine – nicht in der Lage sind, irgendeinen Einfluss auf das Verhalten ihres Tiers zu nehmen und dies völlig normal und rechtskonform finden, dürfen wir uns nicht wundern, wenn Politiker mit aberwitzigen Vorschlägen auffällig werden. So etwa in dem Bundesland, in dem Daria lebt: Da forderte ein hervortusamer Landesrat eine „generelle“Beißkorbpflicht – worauf ihn nicht nur Daria (die ihren Beißkorb ungefähr so hasst wie die Flöhe am Ferienbauernhof) schief anschaute, sondern ihn sogar große Tiere aus seiner eigenen Partei lautstark zurückpfiffen.
Der scharfe Landesrat erläuterte, man müsse eben statt „generell“(unter anderem) nachKörpergrößedifferenzieren. Worauf just in seinem Bundesland wenige Tage spätereinDackelbeieinemHeurigeneinem KindschwereBisswundenimGesichtzufügte. Von seiner Körpergröße wäre der Dackel locker unter der landesrätlichen Größenmarke hindurchmarschiert. Daria duckt sich jetzt immer vorsorglich, damit sie nichtzugroßaussieht. UnddassderDackel sich angeblich „beim Fressen gestört“gefühlt haben soll, versteht sie als Erklärung nicht. – Daria musste vom ersten Tag an üben, ruhig hinzunehmen, dass wir ihr zwischendurch ihr Futter wegnehmen (und wiedergeben). Für den gierigen Beagle keine leichte Aufgabe. Aber wenn man mit ihnen art- und nicht unartgerecht kommuniziert, können Hunde fast alles lernen. Wie lernfähig Menschensind, ist noch unklar.