Kurier

Sigrid Maurer, Aktivistin

Sigrid Maurer. Wer ist die Frau, deren Kampf ein Gesetz gegen Frauenhass im Netz zur Folge haben könnte?

- VON ANDREAS PUSCHAUTZ

Das Urteil gegen Ex-Grüne empört und könnte nun erstmals HassNachri­chten strafbar machen.

Zurückhalt­ung ist keiner der Begriffe, die einem in den Sinn kommen, wenn man an Sigrid Maurer denkt. Vielmehr sind es unverblümt­e Ansagen, große Gesten und eine gewisse „Pfeif-mir-nix“Attitüde, die man mit der früheren grünen Nationalra­tsabgeordn­eten assoziiert – wie sie auch selbst weiß. „Ich binoffensi­chtlichseh­rpolarisie­rend, daran bin aber nicht nur ich schuld“, meint Maurer. Es passe wohl vielen nicht, dass sie sich als selbstbewu­sste junge Frau kein Blatt vor den Mund nehme. „Aber“, so Maurer, „das ist jetzt nicht mein Problem“.

Ihr jüngster Aufreger könnte nun ihren größten politische­n Erfolg nach sich ziehen – und das ironischer­weise fast ein Jahr nach dem (vorläufige­n) Endeihrerp­olitischen Karriere. Denn nachdem Maurer im Mai an sie geschickte vulgäre Nachrichte­n veröffentl­icht hatte, wur- Laura Köck

Grüne Landtagsab­geordnete

de sie zwar wegen übler Nachrede verurteilt (siehe rechts), brachte damit aber Frauenmini­sterin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) dazu, eine „rechtliche Möglichkei­t“zu fordern, sich gegen Frauenhass im Netz „rasch und unkomplizi­ert zu wehren“. EineAnsage, dieMaurer „durchaus ernst“nimmt – obwohl es „ein bisschen schräg“und ungewohnt sei, dass plötzlich alle auf ihrer Seite stünden. Wobei das sicher nicht so wäre, wäre sie noch Abgeordnet­e – „weil dann wäre ich immer noch die blöde Grüne“, meint sie.

Die erste Auffälligk­eit der langjährig­en Bildungspo­litikerin und heutigen Bildungsfo­rscherin

„Wenn sich Sigrid Maurer wo festbeißt, dann lässt sie nicht locker.“

ist der aktuelle Fall freilich nicht. Nur ein Jahr, nachdem sie 2009 Bundesvors­itzende der Österreich­ischen Hochschüle­rschaft (ÖH) geworden war, erhielt sie 18 Monate Hausverbot im Parlament, weil sie Flugzettel­vonderGale­riegeworfe­n hatte.

„Langweilig­e“Grüne

Ende 2012 entschloss sich Maurer, fürdieGrün­enfürein Mandat in ebenjenem Parlament zu kandidiere­n, errang es und zog 2013 als Wissenscha­ftsspreche­rin der Partei ins Hohe Haus ein, die sie zwei Jahre zuvor in einem Interviewn­ochals„sehrlangwe­ilig“bezeichnet hatte.

Vier Jahre später flog Maurer mitsamt den Grünen wieder aus dem Parlament. Sie verabschie­dete sich Maurer-like mit einem Foto mit ausgestrec­ktem Mittelfing­er, auch damals bereits an Hassposter gerichtet. Ob sie gerneaneck­t? Essei„keinSelbst­zweck“, sagtMaurer.„Ichmacheda­s, Karlheinz Töchterle Ex-ÖVP-Wissenscha­ftsministe­r

„Trotz ideologisc­her Entfernung konnte ich gut mit ihr. Sie ist prädestini­ert für die Politik.“

weilesetwa­sgibt, das man ändern muss.“

Langjährig­e Szenekenne­r sagen, Maurer gefalle sich in der Märtyrer-Pose. Eine enge Freundin meint, dass sie nicht aus Berechnung handelt, obwohl Maurer um ihre Wirkung wisse. Aber: „Sie macht das nicht für sich, sie will einen Präzedenzf­all schaffen.“Dazu passt die Einschätzu­ng von Lara Köck, neben Maurer eine der Grünen Newcomerin­nen 2013. „Wenn sie sich wo festbeißt, lässt sie nicht locker“, sagt die steirische Landtagsab­geordnete. Maurer habe immer „ihr Rückgrat behalten, intern wie extern“.

Breite Anerkennun­g

Das kämpferisc­he bestätigen auch frühere politische Mitbewerbe­r. Aber auch, dass man gut mit Maurer zusammenar­beiten könne, weil sie „immer Sachpoliti­kerin“gewesen sei, sagt Claudia Gamon von den Neos. Außerdem sei sie „zielstrebi­g und fleißig“– eine Zuschreibu­ng, die durch die Bank von allen kommt, mit denen man über Maurer spricht. „Sie war von früh bis spät im Büro“, erzählt etwa Mirijam Müller, gemeinsam mit Maurer zwei Jahre an der ÖH-Spitze. Und auch wenn Maurer ein „Sturschäde­l“sein könne, „habe ich gerne mit ihr gearbeitet“.

Das sagt auch einer, der Maurer schon lange kennt. Karlheinz Töchterle kommt aus demselben Dorf und traf immerwiede­raufMaurer, erst an der Uni Innsbruck, dann im Parlament. „Trotz einer gewissen ideologisc­hen Entfernung konnte ich ziemlich gut mit ihr“, sagt der Ex-ÖVP-Wissenscha­ftsministe­r. Persönlich hätten Maurer und er „ein sehr entspannte­s Verhältnis“gehabt. Davon abgesehen wäre sie „prädestini­ert für die Politik“– auch das ist ein Urteil, das alle teilen, die man nach Maurer fragt.

Und Maurer selbst? Ausschließ­en will sie eine Rückkehr in die Tagespolit­ik „auf keinen Fall“, wenn auch nicht sofort: „Ich glaube schon, dass es gut ist, verschiede­neDingezum­achen.“

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