Österreicher im Visier der türkischen Justiz
Die Zahl der Festnahmen stieg zuletzt an
Ermittlungen. In den vergangenen Wochen wurden mehrere Österreicher in der Türkei festgenommen. Bei den Betroffenen handelt es sich meist um Staatsbürger mit Migrationshintergrund. Der aktuellste Fall spielte sich diese Woche ab, als eine 18- und eine 20-jährige Frau inhaftiert wurden. Auch ein 50-jähriger Linzer Geschäftsmann sitzt derzeit hinter Gittern. Ihm wird vorgeworfen, die PKK finanziell unterstützt zu haben. Sein Bruder bestreitet die Vorwürfe, nennt sie „völlig absurd“. Außerdem meint der Linzer, dass Neider dahinter stecken würden. Kritik äußert er an der österreichischen Bundesregierung und dem Außenministeriums wegen fehlenden Engagements.
„Die Vorwürfe sind völlig absurd. Mein Bruder hat die PKK niemals finanziell unterstützt.“Der kurdischstämmige Mustafa T. ist über die Verhaftung des Linzer Geschäftsmannes Halil T. im türkischen Istanbul empört. Mittlerweile werden immer mehr Fälle über österreichische Staatsbürger bekannt, die in der Türkei inhaftiert oder festgehalten werden.
Im Fall des 50-jährigen Linzers Halil T., der mehrere erfolgreiche Unternehmen in Österreich, der Türkei und der Slowakei betreibt, soll laut türkischen Medien ein Foto einer Veranstaltung in Wels eine entscheidende Rolle spielen. Darauf sollen der Beschuldigte und ein Bild des Kurdenführers Abdullah Öcalan zu sehen sein. „Mein Bruder war zu der Veranstaltung eingeladen. Er war dort wie angeblich tausend andere Leute auch. Die Person, die da in den türkischen Medien gezeigt wird, ist er aber hundertprozentig nicht“, erklärt sein Bruder, der eben- falls in Linz als Geschäftsmann aktiv ist. Dass sein Bruder in sozialen Medien offen gegen das Erdoğan-Regime auftrat, könne ihm jetzt Nachteile bescheren.
Mustafa T. ist überzeugt, dass sein Bruder von Neidern über eine Handy-App, die Erdoğan-Kritiker in die Türkei meldet, denunziert wurde. Kritisch äußert er sich zum Engagement der österreichischen Bundesregierung und des Außenministeriums. Letzteres habe zwar den Besuch des Bruders durch einen Mitarbeiter des Konsulats im Istanbuler Gefängnis angekündigt, doch das ist T. zu wenig. „Mein Bruder ist seit vielen Jahren österreichischer Staatsbürger und beschäftigt viele Menschen. Das Unternehmen ist in Gefahr, da müsste es doch eine viel heftigere offizielle Reak- tion gegen diese Vorgänge in der Türkei geben“, fordert er.
Laut der ehemaligen grünen Nationalratsabgeordnete Berîvan Aslan sollen mindestens neun weitere Österreicher betroffen sein. „Bei neun Fällen haben mich die Angehörigen kontaktiert.“Der aktuellste Fall betreffe laut Aslan eine 48-jährige Frau und ihre beiden Töchter. Das österreichische Außenamt bestätigte jedoch die Verhaftung der 18- und 20-jährigen Frauen am Montag bei der Ausreise ebenfalls an einem Istanbuler Flughafen.
Weitere Fälle
Mediales Aufsehen erregte die Inhaftierung des österreichischen Journalisten Max Zirngast Anfang September, auch ein Tiroler Arbeiter und eine alleinerziehende Mutter aus Wels sollen festge- nommen worden sein. Der Großteil der Betroffenen berichtet davon, dass sie auf den beiden Flughäfen IstanbulSabiha Gökçen und IstanbulAtatürk angehalten wurden. Meist hatten die Betroffenen türkischen Migrationshintergrund. Einige Österreicher wurden nach 24 Stunden wieder freigelassen, erhielten zum Beispiel ein Einreiseverbot. So erging es auch einem älteren Ehepaar aus Wien.
Die genaue Zahl, also wie viele österreichische Staatsbürger sich in der Türkei in Haft befinden und in den vergangenen Wochen und Monaten festgenommen wurden, will das Außenministerium nicht kommunizieren. „In der Türkei kommt es immer wieder zu Anhaltungen oder Festnahmen. Es gibt eine ständige Fluktuation“, sagt Sprecher Peter Guschelbauer.
„Die Vorwürfe sind völlig absurd. Mein Bruder hat die PKK niemals finanziell unterstützt.“Mustafa T. Bruder eines Verhafteten