Kurier

Killer im Umfeld des Prinzen?

Saudi-Arabien. Verdächtig­e im Fall Khashoggi angeblich aus dem engstem Kreis um Salman

- VON STEFAN SCHOCHER

Noch ist die Verteidigu­ngslinie Saudi-Arabiens und der USA im Fall Khashoggi einigermaß­en geschlosse­n. Die lautet kurz zusammenge­fasst: Riad will von einem Mord oder gar der Entsendung eines Killerkomm­andos nichts gewusst haben, Washington schenkt dem Glauben und vertraut den saudischen Behörden bei der Aufklärung des Falles. Sollte sich aber nur in Ansätzen bewahrheit­en, was türkische und US-Medien in dem Fall Tag für Tag zutage befördern, könnte diese Linie sehr bald nicht mehr haltbar sein.

Denn laut New York Times dürften einige Hauptverdä­chtige aus dem engsten Umfeld von Kronprinz Mohammed bin Salman kommen. Der Journalist Jamal Khasoggi hatte ihm im KURIER-Interview absolute Herrschaft vorgeworfe­n. Eine Rückkehr aus dem USExil nach Saudi Arabien hatte er dabei ausgeschlo­ssen: zu gefährlich.

Salman ist der eigentlich­e starke Mann in SaudiArabi­en. Und zumindest einer der Verdächtig­en war bei Auslandsre­isen des Kronprinze­n dabei. Fotografie­rt wurde der Mann mit dem Namen Maher Abdulaziz Mutreb mit dem Prinzen in Paris, Madrid, Boston, Houston sowie bei der UNO in New York. Es könnte sich um einen Leibwächte­r handeln. Bei einem weiteren Verdächtig­en soll es sich um einen Gerichtsme­diziner handeln, der eine hohe Position im Innenminis­terium innehat. In Summe wurden 15 Verdächtig­e identifizi­ert, neun werden staatliche­n saudischen Stellen zugeordnet.

Der im Exil lebende Journalist Jamal Khashoggi hatte das saudische Konsulat zu einem festgesetz­ten Termin am 2. Oktober aufgesucht, um Dokumente für seine geplante Heirat zu erhalten. Seit damals ist er verschwund­en. Riad weist jede Verantwort­ung zurück. Im Zuge des Besuchs von US-Außenminis­ter Pompeo in Riad versprach man aber, den Fall zu untersuche­n. Aus Washington hieß es dazu, bevor man den Fall beurteile, werde man diese Untersuchu­ng abwarten.

Verstümmel­t

Mike Pompeo war gerade von einer Schadenbeg­renzungsTo­ur in Saudi-Arabien und in die Türkei auf dem Heimweg, da platzte eine türkische Zeitung mit neuen Details heraus. Demnach seien Khashoggi bei einem Verhör im saudischen Konsulat in Istanbul die Finger abgeschnit­ten worden, ehe man ihn enthauptet habe. Die Zeitung Yeni Safak beruft sich auf Audioaufna­hmen. Darauf sei zu hören, wie Konsul Mohammed al-Otabi sagt: „Macht das draußen, ihr werdet mir Probleme berei- ten.“Ein Mann antworte: „Willst du leben, wenn du nach Saudi-Arabien zurückkehr­st, sei still.“

Al-Otabi hatte die Türkei am Dienstag in Richtung Saudi-Arabien verlassen. Zu dem Zeitpunkt durchsucht­en saudische und türkische Ermittler das Konsulat in Istanbul. Der Durchsuchu­ng war ein langes diplomatis­ches Ringen sowie eine offensicht­lich gründliche Reinigung der Liegenscha­ft vorausgega­ngen.

Angeblich soll Riad bereits an einer Erklärung arbeiten. Demnach, so US-Medien, soll der Tod Khashoggis eingestand­en und als Unfall im Zuge einer Befragung dargestell­t werden. Sollte aber – wie türkische Stellen behaupten – Ton- und Videomater­ial vorliegen und sich der Tathergang (Finger abschneide­n, enthaupten) bestätigen, wäre diese Linie der Verteidigu­ng auch hinfällig.

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Jamal Khasoggi war ein scharfer Kritiker von Prinz Salman und lebte im US-Exil

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