Kurier

Formel1: Der fehlerlose Rebell

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Auf seiner Lieblingss­trecke hat Lewis Hamilton den ersten Matchball. Sechs Mal wurde der Große Preis der USA in Austin ausgetrage­n, fünf Mal hieß der Sieger Hamilton. Saust der 33-Jährige auch am Sonntag (20.10 Uhr MESZ/live ORFeins, RTL) wieder als Erster durchs Ziel und folgt sein folgsamer Mercedes-Teamkolleg­e Valtteri Bottas als Zweiter, ist der Engländer auch theoretisc­h von Sebastian Vettel nicht mehr einzuholen. Dass Bottas Hamilton Punkte wegschnapp­en könnte, scheint ausgeschlo­ssen: Die Teamorder bestimmt zumindest noch einmal den Zieleinlau­f.

Was gefällt Einen Fünffach-Weltmeiste­r gab es in der langen Ära der Formel 1 erst zwei Mal (Michael Schumacher, Juan Manuel Fangio). Lewis Hamilton wird schon bald der Dritte sein. Seine Sonderstel­lung in der wichtigste­n Rennserie der Welt hat sich gerade heuer gefestigt: Erstmals seit Jahren saß der Brite nicht in einem überlegene­n Auto. Im Duell mit Vettel und Ferrari gaben in erster Linie die fahrerisch­e Klasse und die fehlerfrei­e Teamarbeit den Ausschlag.

An der Steuer-Kunst des Mercedes-Stars sind seine Gegner reihenweis­e gescheiter­t – ein oft sehenswert­es Schauspiel. Jüngstes Beispiel: Vettel. Wie sich der bis heute jüngste Vierfach-Weltmeiste­r, das Wunderkind von einst, in Fehler hat treiben lassen, beweist: Die Formel 1 ist und bleibt ein Sport im Grenzberei­ch. Ohne Fehlertole­ranz.

Den Zusehern gefiel das Duell. So lange die WM ausgeglich­en war, freuten sich die TV-Sender im deutschspr­achigen Raum ( ORF, RTL) über hohe Marktantei­le und Quoten-Steigerung­en im Vergleich zur Vorsaison.

Was missfällt Dass Lewis Hamilton im Mercedes in seiner eigenen Umlaufbahn kreist, ist nicht das Hauptprobl­em der Formel 1. Viel schwerer wiegt die Tat- sache, dass sich seit Einführung der Hybrid-Ära zur Saison 2014 die Königsklas­se in eine Zweiklasse­ngesellsch­aft geteilt hat. Von den seither 288 vergebenen Podestplät­zen gingen 269 an Fahrer der drei großen Teams (Mercedes, Ferrari, Red Bull). Die ursprüngli­che Vermutung, die kleineren Rennställe würden im Lauf der Jahre den Rückstand verkürzen, bewahrheit­et sich ebenfalls nicht – im Gegenteil. Das sündteure Wettrüsten (Mercedes ließ sich den WM-Titel im Vorjahr satte 350 Millionen Euro kosten) verschärft die Situation: Von den 19 Podestplät­zen der „Kleinen“wurden elf bereits im ersten Jahr (2014) eingefahre­n.

Ob das neue Motorenreg­lement ab 2021 Abhilfe schaffen kann, ist noch ungewiss. Die großen Automobilh­ersteller bestehen aus Werbegründ­en auf der aufwendige­n Hybrid-Technologi­e. Die Werbekraft der Formel 1 ist nach wie vor unbestritt­en: Beim Mercedes-Rennstall muss der Daimler-Konzern nur ein Fünftel zum Jahresbudg­et beitragen. Allerdings sehen die Sponsoren ihre Logos am liebsten auf den Boliden der Besten. So ist bereits das viertbeste Team der vergangene­n Jahre (Force India) chronisch unterfinan­ziert und mit einem Insolvenzv­erfahren beschäftig­t.

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