Eine Niederlage als Beruhigungspille
Deutschland. Die Leistung in Paris war trotz eines 1:2 überzeugend, die Diskussionen um Joachim Löw sind vorerst beigelegt
Deutschlands oberster Fußballtrainer ist vorerst aus der Schusslinie: Der mutige Auftritt seiner umgekrempelten Mannschaft bei Weltmeister Frankreich stoppte erst einmal die heftigen Diskussionen, ob Joachim Löw nach der verpatzten WMnoch zum Erneuerer werden kann.
Routinier Mats Hummels berichtete von intensiven Gesprächen in der Kabine, wie das 1:2 im Stade de France einzuordnen sei. Beim Bayern-Verteidiger selbst überwog der Ärger. „Fußball ist Ergebnissport. Wir wollen nicht sagen, wir machen das und das gut, wenn wir jedes Mal mit einer Niederlage nach Hause gehen“, sagte Hummels. Das Ergebnis sei „sehr bitter“. Auch Toni Kroos war unzufrieden: „Es wäre schlimm, wenn ich nicht enttäuscht wäre, wenn man so ein Spiel macht, wo viele Sachen funktionieren, man sich aber wieder nicht belohnt.“
Die deutsche Nationalmannschaft steht im Jahr 2018 jetzt schon bei sechs Niederlagen in elf Spielen – eine solche Negativbilanz gab es in der über zwölfjährigen Löw-Ära vorher nie. Noch im Vorjahr war das DFB-Team ungeschlagen geblieben.
Und dennoch: Selten hat eine Niederlage im Fußball eine Krisensituation so entschärft wie diese. Paris sei ein Schritt „theoretisch in die richtige Richtung“gewesen, „praktisch, vom Ergebnis her, nicht“, bemerkte Toni Kroos. Ungebrochen ist das Vertrauen der Spieler in den eigenen Trainer. „Der Jogi entwickelt sich mit uns auch weiter“, sagte Manuel Neuer und sprach damit wohl die Umstellungen des Trainers an.
Umstellungen
Das 0:3 zuvor in den Niederlanden hatte den 58-Jährigen zu den weitreichenden Veränderungen gezwungen, denen er sich zuvor noch verwehrt hatte. Löw stellte sechs Spieler in die Startelf, die 23 Jahre und jünger sind. Und er überraschte die Franzosen mit einem 3-4-3. „Das System und die drei Stürmer haben uns in Schwierigkeiten gebracht, sie hatten viel Ge- schwindigkeit auf den Flügeln. Sie hätten uns viel mehr Schmerzen zufügen können“, sagte Frankreichs Weltmeister-Coach Deschamps.
Löw selbst war ebenso angetan. „Die Leistung war großartig. Eine unglaubliche Steigerung innerhalb von zwei Tagen.“Sein Team habe „sehr konsequent und diszipliniert“gespielt, lobte Löw, der die gewohnte Rückendeckung seines Teammanagers genießt. „Bei der Bewertung eines Trainers geht man nicht nur von den Ergebnissen aus. Vor allem muss man eine Entwicklung sehen“, betonte Oliver Bierhoff. In einem Monat sind die Niederländer in Gelsenkirchen zu Gast. Zumindest bis dahin herrscht Ruhe.