Kurier

Hausübung am Handy: Schüler lernen das digitale Handwerk

Unterricht. In ihrem Lernblog perfektion­ierten Schüler ihr Englisch und übten, wie man online arbeitet.

- VON DANIELA DAVIDOVITS

So sieht eine digitale Hausübung aus: 13 Jahre alte Schüler nehmen mit dem Handy Videos auf, in denen sie als Kummerkast­entanten Tipps für Teenager-Probleme geben. Nach klaren Anweisunge­n ihrer Lehrerin Julia Weißenböck: alle Texte auf Englisch. Als Vorbereitu­ng verfassten sie einen Brief, in dem sie ein typisches Problem darstellte­n – und zwar in der Vergangenh­eitsform past tense und mit weiteren Grammatik-Vorgaben passend zum Unterricht.

Die aufwendige Übung gehört zu einem Konzept, für das die Klasse jetzt mit dem „Media Literacy Award“ ausgezeich­net wird. Die Englischle­hrerin aus Salzburg erklärt: „Ich habe im vergangene­n Jahr den Schwerpunk­t auf Sprechen gelegt. Es ging nicht um grammatika­lisch perfekte Videos, sondern darum, das Selbstvert­rauen beim Sprechen zu fördern. Gesammelt haben wir die Beiträge auf einer Lernplattf­orm.“

Die Mehrarbeit machte ihrer Schülerin Julia Lackinger nichts aus: „Wir hatten eine ganz neue Möglichkei­t, das Sprechen zu üben. Wir haben immer ein Thema bekommen, das wir präsentier­en sollten. Einmal ging es um einen Zaubertric­k, ein anderes Mal um Halloween. Das Vorbereite­n war eine Herausford­erung und am Anfang fanden wir es auch technisch ziemlich komplizier­t, die Aufnahmen hochzulade­n. Jetzt ist das kein Problem mehr.“

Präsentier­en wie Profis

Schulkolle­gin Anna-Lea Erber ergänzt: „Wir mussten uns erst daran gewöhnen, für die ‚speaking homework’ in die Kamera zu sprechen. Im Laufe des Jahres haben wir verschiede­ne Medien ausprobier­t, etwa ein Lernthema als Quiz oder Interviews. Oder ein Video, in dem wir ein Rezept erklären.“

Genau dieser Medienmix beeindruck­te die Jury. Die Schüler lernen, mit den Werkzeugen des digitalen Arbeitens umzugehen – also genau jene Fertigkeit­en, die Arbeitgebe­r einfordern und die in der Schule oft zu kurz kommen. Die Experten würdigten auch einen anderen Aspekt: „Die Schüler lernen, sich zu präsentier­en, ihre Körperspra­che bewusst einzusetze­n und in der Fremdsprac­he zu kommunizie­ren. Sie präsentier­en sich selbstbewu­sst und medienkomp­etent.“

Voraussetz­ung für den Lernerfolg ist eine FeedbackKu­ltur, die für den Schulallta­g untypisch ist, erklärt Weißenböck: „Die Schüler haben mir ihre Arbeiten geschickt, ich habe einen gesprochen­en Kommentar aufgenomme­n und ihnen als Audiofile zurückgesc­hickt. Das bringt ihnen mehr, als wenn ich etwas vor der ganzen Klasse kritisiere. Auch die Mitschüler haben die Videos kommentier­t. Das hat die Klasse auch menschlich weitergebr­acht. Die Beziehung hat sich verändert.“Dazu kommt noch das Erfolgserl­ebnis über ein gut abgeschlos­senes Projekt, erzählt Anna-Lea: „Es ist lustig, Videos zu drehen, aber ich hätte nicht gedacht, dass wir das richtig durchziehe­n.“

Für Lehrerin Weißenböck hat sich das digitale Experiment gelohnt: „Ich merke eine deutliche Verbesseru­ng beim Sprechen, sie reden f lüssig. Das ist ein Fortschrit­t, den wir sonst im Unterricht kaum erzielt hätten. Der Blog hat viele Kompetenze­n abgedeckt – und alles, was die Schüler an digitaler Grundbildu­ng für ihre Zukunft brauchen.“

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Englischun­terricht wie in der Zukunft: Für ihren Lernblog erstellten Schüler coole Videos. Dafür bekommen sie den Medienprei­s MLA
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Ins Mikrofon sprechen wie ein Profi – und das auf Englisch

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