Hundebesitzer angepöbelt
Tierhaltung. Listenhundebesitzer wie Stefanie J. bekommen in Wien die Aggressionen der Bevölkerung zu spüren.
Besitzer von Listenhunden würden massiv angefeindet, berichtet der Wiener Tierschutzverein. Mitgrund für die Polarisierung sei die geplante Wiener Gesetzesnovelle. Stefanie J. (32) liebt Pamina (4) über alles. Mit dem Staffordshire-Terrier-Mischling außer Haus zu gehen, ist für die Wienerin in letzter Zeit aberoftmitÄrgerverbunden. Denn Pamina ist ein sogenannter Listenhund. Und als Halterin eines solchen werde man immer wieder angefeindet, berichtet J. – die genau aus diesem Grund nicht ihren ganzen Nachnamen in der Zeitung lesen will.
Mitschuld an der negativen Grundhaltung sei die Stadt Wien, die im Zuge der zwölften Novelle des Tierhaltegesetzes (die am 25. Oktober im Landtag beschlossen und noch heuer umgesetzt werden soll) eine generelle Beißkorb- und Leinenpflicht fürListenhundeinderÖffentlichkeitverordnenwill, meint manbeimWienerTierschutzverein( seien Konsequenz der „unüberlegten Anlassgesetzgebung von UmweltstadträtinUlliSima“, meintPräsidentin Madeleine Petrovic. HaltervonListenhundenwürden besonders stigmatisiert.
Das Tragen eines Maulkorbs sei zudem nicht artgerecht und könne bei Hunden, die es nicht gewohnt sind, erst recht zu Auffälligkeiten führen.
Negative Stimmung
Auch sie sei bereits wiederholt in der Öffentlichkeit wegen Pamina angepöbelt worden, erzählt Stefanie J. Man werde zum Teil auf tiefstem Niveau beschimpft, dem Tier werde der Tod gewünscht, in der U-Bahn werde man zum Aussteigen genötigt und Eltern würde ihre Kinder aus derNähedesHundeswegreißen. Eine Freundin von J. sei sogar angespuckt worden.
„Die Grundstimmung ist wirklich ungut und wurde von den Medien zuletzt noch aufgeschaukelt“, meint die junge Frau. ( Auch der KURIER berichtete über den Fall eines einjährigen Kindes, das in Wien vom Rottweiler einer alkoholisierten Halterin tödlich verletzt worden war, sowie über die daraus resultierende Gesetzesnovelle; Anm.) Das sanfte Wesen Paminas, die in Pensionistenhäusern als Therapiehund im Einsatz ist, werde oft völlig ignoriert, klagt J.
Erfahrungen wie diese, bekommtmanimTierschutz- haus in Vösendorf seit Bekanntwerden der Wiener Beißkorb-Pläne öfter zu hören, berichtet WTV-Sprecher Oliver Bayer. Täglich würden sich Dutzende Hundehalter melden. Weil sie in der Öffentlichkeit angepöbeltwürdenoderihremHund den Beißkorb nicht antun wollen, seien viele „schweren Herzens bereit, sich von ihren Tieren zu trennen“.
Im Tierschutzhaus fürchtetmandaherbereitseineAb gabewellevonListenhunden. Abgesehen davon, dass besagte Liste „unsinnig“sei, weil Herkunft, Aufzucht und Erziehung eines Hundes mehr über sein Risikopotenzialaussagenwürden, alsseine Rasse, sei man auch nicht gewillt, die Verantwortung für die Gesetzesnovelle mitzutragen, stellt Petrovic klar. „Wir sind ein privater Verein, der keinen Cent an öffentlichen Subventionen erhält. Daher ist es nicht möglich, kostenintensive Auswirkungen einer unüberlegten Anlassgesetzgebung privat abzufangen.“
Mit anderen Worten: Die Stadt Wien bzw. Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) möge als Urheberin der neuen Regeln für Listenhundehalter dafür Sorge tragen, dass abgegebene Hunde aufgenommen werden. (Aktuell ist es ja so, dass Hunde, die in Wien ausgesetztwerden, insstadteigene Tierquartier kommen und abgegebene ins Tierschutzhaus des WTV.)
Aufgrund der aufgeheizten Stimmung meint man beim WTV darauf hinweisen zu müssen, „dass das Töten von gesunden Haustieren absolut verboten ist“.
Im Büro von Ulli Sima, die nicht nur eine generelle Beißkorb- und Leinenpflicht für Listenhunde, sondern auch die 0,5-Promille-GrenzefürderenHalterbzw. empfindliche Strafen bei Zuwiderhandeln ankündigt, hofft man indes auf eine breite Zustimmung im Landtag. Außerdem betont eine Sprecherin: „Niemand braucht seinen Hund abzugeben, das ist doch absurd.“