Bakary J. war vor Folter gesund
Schmerzensgeld. Neues Gutachten zeigt Zustand des misshandelten Gambiers vor der Folter
Schadenersatz. Ein Gutachten entlastet den Gambier, der 2006 von Polizisten misshandelt wurde.
Seit Jahren führt das Folteropfer Bakary J. ein VerfahrengegendieRepublikÖsterreich: Sein Leidensweg vor Gericht könnte aber bald ein Ende finden. Ein neues Gutachten, dasdemKURIERvorliegt, zeigt, dassder45-Jährige vor seiner Folter an keiner psychischen Krankheit gelitten hat. Die Anwälte der verurteilten Polizisten stellten beim Prozess im Mai in den Raum, dass J. bereits vor der Folter psychisch angeschlagen gewesen sei und Medikamentegenommenhabensoll. Der psychiatrische Sachverständige Karl Dantendorfer sollte mithilfe von älteren ärztlichenUnterlagenklären, ob dies stimme.
DieeinzigeUntersuchung, die vor den Misshandlungen an J. durchgeführt wurde, ist mit 31. März 2006 datiert. Damals wurde der 34-Jährige im Polizeianhaltezentrum (PAZ) untersucht. Der Arzt attestierte dem Asylwerber ein klares Bewusstsein, einen normalen Gedankenablauf und einen „guten Allgemeinzustand“. Die einzigen Medikamente, die der Gambier verschrieben bekam, waren jene gegen Fußpilz. „Es werden keine psychische Auffälligkeiten oder Beschwerden beschrieben“, kommentiert Karl Dantendorfer in seinem Gutachten. Die ersten psychosomatischen Symptome traten wenige Tage nach der Folter auf. Seitdem leidet der GambieranpsychischenProblemen.
Am 7. April 2006 verändertesichdasLebenvonJ. für immer. Der damals 34-Jährige wehrte sich bei seiner Abschiebung. Daraufhin brach-
„Es führt zu keiner Änderung. Die Richterin wird das Verfahren wieder eröffnen müssen.“Susanne Kurtev Anwältin von Bakary J.
ten drei WEGA-Beamte den Mann in eine Lagerhalle, foltern ihn und veranstalten eine Scheinhinrichtung. Ein weiterer Polizist sah einfach nur zu. Der Asylwerber kam mit schweren Verletzungen ins Wiener AKH, wurde stationär aufgenommen.
Zu dieser Zeit gab es laut den ärztlichen Unterlagen noch keinen Hinweis auf psychologische Auffälligkeiten. Auch ein Amtsarzt stellte am selben Tag bei dem 34-Jährigen nur eine „psychomotorische Erregung“fest. Wenige Tage später gab Bakary J. gegenüber dem Amtsarzt an, von den Polizisten misshandeltwordenzusein. DerAsylwerberzeigteerstmalsSymptome einer psychischen Störung. Der Arzt diagnostiziert eine „posttraumatische Belastungsstörung“. Er bekam erstmals Psychopharmaka verschrieben, die Symptome wurden schlimmer. Zwei Tage später schilderte J. dem Amtsarzt, in der Nacht Menschen gesehen zu haben, die ihm „Gift in die Medizin“gegeben hätten.
Warten auf Urteil
„Das ergänzende Gutachten führt zu keiner Änderung. Die Richterin wird das Verfahren wieder eröffnen müssen“, sagt die Anwältin von Bakary J., Susanne Kurtev (Kanzlei Nikolaus Rast). Heißt: Der 45-Jährige könnte nach einem jahrelangem Rechtsstreit das noch ausstehendeSchmerzensgeldinder Höhe von 238.000 Euro bekommen.
Eine Entscheidung wird für die nächsten Wochen erwartet.