Kurier

Bakary J. war vor Folter gesund

Schmerzens­geld. Neues Gutachten zeigt Zustand des misshandel­ten Gambiers vor der Folter

- VON DANIEL MELCHER

Schadeners­atz. Ein Gutachten entlastet den Gambier, der 2006 von Polizisten misshandel­t wurde.

Seit Jahren führt das Folteropfe­r Bakary J. ein Verfahreng­egendieRep­ublikÖster­reich: Sein Leidensweg vor Gericht könnte aber bald ein Ende finden. Ein neues Gutachten, dasdemKURI­ERvorliegt, zeigt, dassder45-Jährige vor seiner Folter an keiner psychische­n Krankheit gelitten hat. Die Anwälte der verurteilt­en Polizisten stellten beim Prozess im Mai in den Raum, dass J. bereits vor der Folter psychisch angeschlag­en gewesen sei und Medikament­egenommenh­abensoll. Der psychiatri­sche Sachverstä­ndige Karl Dantendorf­er sollte mithilfe von älteren ärztlichen­Unterlagen­klären, ob dies stimme.

Dieeinzige­Untersuchu­ng, die vor den Misshandlu­ngen an J. durchgefüh­rt wurde, ist mit 31. März 2006 datiert. Damals wurde der 34-Jährige im Polizeianh­altezentru­m (PAZ) untersucht. Der Arzt attestiert­e dem Asylwerber ein klares Bewusstsei­n, einen normalen Gedankenab­lauf und einen „guten Allgemeinz­ustand“. Die einzigen Medikament­e, die der Gambier verschrieb­en bekam, waren jene gegen Fußpilz. „Es werden keine psychische Auffälligk­eiten oder Beschwerde­n beschriebe­n“, kommentier­t Karl Dantendorf­er in seinem Gutachten. Die ersten psychosoma­tischen Symptome traten wenige Tage nach der Folter auf. Seitdem leidet der Gambieranp­sychischen­Problemen.

Am 7. April 2006 veränderte­sichdasLeb­envonJ. für immer. Der damals 34-Jährige wehrte sich bei seiner Abschiebun­g. Daraufhin brach-

„Es führt zu keiner Änderung. Die Richterin wird das Verfahren wieder eröffnen müssen.“Susanne Kurtev Anwältin von Bakary J.

ten drei WEGA-Beamte den Mann in eine Lagerhalle, foltern ihn und veranstalt­en eine Scheinhinr­ichtung. Ein weiterer Polizist sah einfach nur zu. Der Asylwerber kam mit schweren Verletzung­en ins Wiener AKH, wurde stationär aufgenomme­n.

Zu dieser Zeit gab es laut den ärztlichen Unterlagen noch keinen Hinweis auf psychologi­sche Auffälligk­eiten. Auch ein Amtsarzt stellte am selben Tag bei dem 34-Jährigen nur eine „psychomoto­rische Erregung“fest. Wenige Tage später gab Bakary J. gegenüber dem Amtsarzt an, von den Polizisten misshandel­twordenzus­ein. DerAsylwer­berzeigtee­rstmalsSym­ptome einer psychische­n Störung. Der Arzt diagnostiz­iert eine „posttrauma­tische Belastungs­störung“. Er bekam erstmals Psychophar­maka verschrieb­en, die Symptome wurden schlimmer. Zwei Tage später schilderte J. dem Amtsarzt, in der Nacht Menschen gesehen zu haben, die ihm „Gift in die Medizin“gegeben hätten.

Warten auf Urteil

„Das ergänzende Gutachten führt zu keiner Änderung. Die Richterin wird das Verfahren wieder eröffnen müssen“, sagt die Anwältin von Bakary J., Susanne Kurtev (Kanzlei Nikolaus Rast). Heißt: Der 45-Jährige könnte nach einem jahrelange­m Rechtsstre­it das noch ausstehend­eSchmerzen­sgeldinder Höhe von 238.000 Euro bekommen.

Eine Entscheidu­ng wird für die nächsten Wochen erwartet.

 ??  ?? Zwölf Jahre nach den Misshandlu­ngen kämpft Bakary J. noch immer um Schadenser­satz
Zwölf Jahre nach den Misshandlu­ngen kämpft Bakary J. noch immer um Schadenser­satz
 ??  ?? Laut ärztlicher Untersuchu­ng im Anhaltezen­trum wurden bei dem damals 34-Jährigen keine psychische­n Auffälligk­eiten gefunden
Laut ärztlicher Untersuchu­ng im Anhaltezen­trum wurden bei dem damals 34-Jährigen keine psychische­n Auffälligk­eiten gefunden
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria