„Elektra“am Ring: Richard Strauss als Kernkompetenz des Orchesters
Kritik. Geht es um Richard Strauss, ist man an der Wiener Staatsoper, was das Orchesterbetrifft, anderbesten Adresse. Das war auch beim Auftakt der aktuellen Serie (Reprisen: 19., 22., 25. Oktober) von „Elektra“zu hören.
Denn das Staatsopernorchester weiß, wie man Strauss zum Klingen bringt. Dirigent Michael Boder war den Musikern ein akkurater Kapellmeister, der ideal zwischenBühneundGrabenvermittelte. Die archaische Urgewalt, die von diesem Werk entfesselt wird, ließ er eher analytisch ausspielen und setzte auf Details, was seine Interpretation über weite Passagen brüchig erscheinen ließ, aber den lautmalerischen Charakter der Partitur hervorkehrte.
Lise Lindstrom, die in Wien erstmals die Titelpartie der Elektra sang, zeigte die Tochter des Mykener Königs als eiskalte Rächerin. Ihr schlanker Sopran erinnerte in ihren ersten Takten mehr an eine Rheintochter als an das Atriden-Kind.
Wenig Dämonie
Mit ihrer metallenen, harten, oft schrillen Stimme setzte sie sich auch in den lautesten Orchesterpassagen durch. DennochfehltesdieserElektra an Dämonie.
Waltraud Meier stand ihr als eindrucksvolle Klytemnestragegenüber, diefeinsinnig ihre Stimme führte und agierte, als wäre sie von einer gewissen, zarten Aura beschützt. René Pape ist stimmlich und darstellerisch ein idealer Orest. Seine Phrasierungensindvoneinzigartiger Schönheit.
Anna Gabler ergänzt als wenig auffällige Chrysotemis. Jörg Schneider (Aegisth), Ildiko Raimondi (Magd) und Wolfgang Bankl (Diener) ergänzen bemerkenswert. Uwe Eric Laufenbergs Inszenierung, die mit dem Aufzug und den Leichen, lädt seit der Premiere zum Wegsehen ein.