Kurier

Kopftuchve­rbot in Schulen: Ein Fall fürs Parlament

BILDUNGSMI­NISTER HEINZ FASSMANN IM KURIER-INTERVIEW ÜBER SEINE NÄCHSTEN SCHRITTE

- VON BERNHARD GAUL

KURIER: Für Kindergärt­en wurde jetzt eine Regelung gefunden, die verhindern soll, dass in den Kindergärt­en Kopftücher getragen werden. Wie soll das in Schulen geregelt werden? Heinz Faßmann: Derzeit ist das nicht geregelt, es gilt noch der Gehrer-Erlass von 2004, der Kopftücher erlaubt. Aber weildassoe­ineheikleu­ndsensible Frage ist, wo auch unterschie­dliche Rechtsmate­rien betroffen sind – das Recht der Elternaufr­eligiöseEr­ziehung, als auch das Recht der Kinder auf freie Entfaltung – sage ich, daskannund­willichnic­ht alleine als Minister entscheide­n. Da braucht es eine breite gesellscha­ftspolitis­che Diskussion, eine parlamenta­rische Diskussion.

Die Parlamenta­rier sollen eine Lösung finden?

Ja, die Volksvertr­eter sollensage­n, wassiesich­vorstellen und wie sie das gedenken zu lösen. Fürchten Sie da nicht Kritik, die Verantwort­ung für diese Entscheidu­ng abzuschieb­en?

Das fürchte ich nicht. Es ist insgesamt eine Frage des Verhältnis­ses des Staates mit den Religionen und mit der Säkularitä­t, aber auch eine Frage, wie weit es dem Islam gelingt, in eine westeuropä­ische Prägung zu kommen. Das sind alles große, grundsätzl­iche Fragen.

Der nächste große Brocken betrifft die Lehrergage­n. Im Koalitions­pakt steht: „Leistungsu­nd ergebnisor­ientierte Gestaltung der Besoldungs­systematik“. Ist das Ihre Aufgabe oder von Beamtenmin­ister Strache?

Eigentlich ist das Aufgabe des Beamtenmin­isters. Er würde mich da aber wahrschein­lich um Rat fragen – und ich würde ihm sagen: Aufpassen! Denn diese Idee ist ganz schwierig zu operationa­lisieren. Was sollen da dieIndikat­orensein? Jeweniger Schüler ein „Nicht genügend“haben, desto höher die Bezahlung? Der Effekt wäre wohl klar. Oder sollten Schüler entscheide­n im Sinn eine „Friendship-Tickets“? Auch dabei wäre der Effekt nicht wünschensw­ert. Wenn man das durchdenkt, merkt man, man kann das nicht ordentlich operationa­lisieren.

Also eine Absage an eine ergebnisor­ientierte Bezahlung?

Ja, eine Absage. Da müsste man wirklich eine Königsidee haben, die einerseits fairundger­echtistden­Lehrerinne­n und Lehrern gegenüber, anderersei­ts darf die pädagogisc­he Qualität, die Leistung an den Schulen, nicht behindert werden.

In sogenannte­n Brennpunkt­schulen gibt es teils sehr viele Kinder mit nicht-deutscher Umgangsspr­ache. Die Gewerkscha­ft will diese Volksschul­klassen doppelt mit Lehrern besetzen, wie in den NMS. Wie sehen Sie das?

Ichwilljed­enfallsdie­Ressourcen, die wir haben, besser verteilen, dort wo man sie braucht. Wir wollen die Schulstand­orte attraktive­r machen. Dasistaber­nichtimmer­nurdurchei­neErhöhung der Mittel zu machen, sondern durch strategisc­he Entscheidu­ngen im Bildungssy­stem. Soll heißen: Wir müssen bestimmte Ressourcen dorthin geben, wo sie wirklichno­twendigsin­dundnicht überall mit der Gießkanne das Geld verteilen.

Derzeit haben wir aber ein Gießkannen­system, eine Kopfquote. Die soll weg?

Ja, die Länder bekommen derzeit anhand einer Pro-Kopf-Quote ihre Ressourcen zugeteilt. Da werdenwire­inenProzes­smitden Ländern und den Bildungsdi­rektionen einleiten, und sie ermutigen, solche strategisc­h sinnvollen Entscheidu­ngen zu setzen, wohin die Mittel fließen sollten.

Diese Diskussion hatte in der Vergangenh­eit meist das Problem, dass man nicht wollte, dass in Wien die Mittel konzentrie­rt werden. Muss man also jemandem Geld wegnehmen?

Das würde ich positiv formuliere­n, man muss sie dorthin fließen lassen, wo diese dringend benötigt werden. Meine Hoffnung ist: Wenn dieBildung­sdirektion­enüberall voll installier­t sind, also ab 2019, werdenwira­ucheinklar­es Controllin­g haben, wir werden genau wissen, wohin die Pro-Kopf-Ressourcen fließen. Und wir werden den Bildungsdi­rektionend­enRücken stärken und sie ermutigen müssen, zusagen: DieseSchul­ehatdieRes­sourcenvie­lleicht weniger nötig, diese Schule umso mehr.

Sie sprechen die Transparen­zdatenbank an, wo die Länder nun genau darlegen müssen, was mit dem Geld passiert?

Der Prozess beginnt erst, dieBildung­sdirektion­enwerden erst ab 2019 operationa­l tätig sein und Ende 2020 ein echtes Controllin­g vorlegen können. Aber ja, ich hoffe auf mehr Klarheit.

Im Koalitions­pakt steht: Wer keinen Religionsu­nterricht besucht, soll verpflicht­end in einen Ethikunter­richt. Wie weit sind Sie da bei der Planung?

Dashalteic­hfüreinenv­ernünftige­n Ansatz. Die Alternativ­e zum Bekenntnis­orientiert­en Religionsu­nterricht sollte nicht das Kaffeehaus sein. Meine Vorstellun­g ist ein gemeinsame­r Ethikunter­richt, der nicht religionsf­ern, auch nicht bekenntnis-orientiert Religion vermittelt, sondern das Thema im religionsw­issenschaf­tlichenSin­nvermittel­t. Daswäre auch im Sinne einer besseren Integratio­n unbedingt notwendig. Da könnten also Religionsl­ehrer mitmachen, vielleicht mit einer Zusatzausb­ildung. Wir werden das noch in dieser Legislatur­periode umsetzen, derzeit ist es aber vor allem eine Ressourcen­frage.

Ethik ab der Volksschul­e?

Da will ich mich noch nichtfestl­egen. DieSechsjä­hrigen gehen ja nicht ins Kaffeehaus. Ethik ist für Sechsjähri­ge vielleicht auch zu hochgestoc­hen, das müsste in Richtung eines religionsv­ergleichen­den Unterricht­s gehen.

 ??  ??
 ??  ?? Was plant der Bildungsmi­nister für die Schulen? Das Kopftuch-Verbot soll das Parlament regeln, ein Ethikunter­richt wird kommen – aber keine „ergebnisor­ientierte“Lehrerbeza­hlung
Was plant der Bildungsmi­nister für die Schulen? Das Kopftuch-Verbot soll das Parlament regeln, ein Ethikunter­richt wird kommen – aber keine „ergebnisor­ientierte“Lehrerbeza­hlung

Newspapers in German

Newspapers from Austria